: Scherzcharakter
■ betr.: „Auferstanden aus Ruinen“ von Jens König, taz vom 12.11. 96
Der Osten tragisch, der Westen ironisch; der Ostler ernst und tief, der Westler selbstgerecht und oberflächlich ... Daß ausgerechnet in der taz ein derart kollektivierendes und stigmatisierendes Gesellschaftsbild aufgezeigt wird – wenn auch „nur“ anhand einer Bücherrezension, bei der man aber kaum zwischen „Roß und Reiter“ unterscheiden kann – ist richtig ärgerlich.
Die Essenz dieses Artikels: daß in Berlin „der ästhetische Vorschein der deutschen Zukunft“ wahrzunehmen ist, wird dem Bundeskanzler gut gefallen und offenbart wohl mehr Scherzcharakter, als so mancher Westdeutsche angesichts des dauerhaften Finanztransfers aufzubringen vermag.
Leider ist das aber noch nicht alles, dieser Artikel lehrt mich mehr: da offensichtlich eine der nachhaltigen Wirkungen der totalitären DDR-Gesellschaft Sehnsucht nach Eindeutigkeit und Härte ist – stellt dieser Artikel die ausländerfeindlichen Aktivitäten, vor allem rund um Berlin, in ein ganz spezielles Licht. Der Osten als Avantgarde gesellschaftlicher und kultureller Entwicklung? „Überholen ohne einzuholen“, hieß das, glaube ich, in der DDR. Wirklich eine „neue“ Kultur. Heiko Caster, Bremen
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