Schauspieler Jerry Lewis ist tot: Der König der Komödie
Er blödelte mit Dean Martin herum, landete mit „Der verrückte Professor“ einen Hit und setzte sich für Muskelkranke ein. Jetzt starb er im Alter von 91 Jahren.
Als der US-Komiker 2014 einen zweiten Stern auf dem berühmten Walk of Fame in Hollywood erhielt, blödelte er herum und biss Regisseur Quentin Tarantino in die Hand. Der feierte ihn danach trotzdem als „Schatz“ und „einen der größten Schauspieler und Regisseure in der Geschichte des Kinos“.
Nun trauern seine Familie, Freunde, Fans und Kollegen. Lewis ist mit 91 Jahren gestorben. Nach Angaben seiner Familie starb er am Sonntag in seinem Haus in Las Vegas eines natürlichen Todes, friedlich im Kreise seiner Angehörigen.
Dutzende Hollywood-Stars würdigten am Sonntag seine Verdienste. „Jerry war ein Pionier in Comedy und Film. Und er war ein Freund“, schrieb Oscar-Preisträger Robert De Niro. Bis zum Ende habe er seinen Witz bewahrt. „Wir werden dich vermissen“, sagte De Niro über seinen Co-Star aus der Tragikomödie „The King of Comedy“. Jim Carrey erinnerte an ein „unbestreitbares Genie“, Goldie Hawn bescheinigte ihm die „perfekte Kombination von Komödie und Tragödie“. „Ein perfekter Clown, der alles konnte“, schrieb die Schauspielerin auf Twitter.
„Schminke im Blut“
Seine Karriere umfasste sieben Jahrzehnte – erst als eine Hälfte des Komiker-Duos Martin und Lewis in den 1940er und 50er Jahren, dann bis zu den 70ern als Slapstick-Filmstar und Regisseur. Schließlich spielte er größere Rollen in Hollywood und auf dem Broadway. Lewis arbeitete auch noch mit über 90. „Ich frage mich auch manchmal, wo ich die ganze verdammte Energie hernehme“, sagte er 2014 dem Magazin „GQ“.
Die Liebe zur Bühne bekam Lewis, der 1926 in Newark im US-Bundesstaat New Jersey als Joseph Levitch geboren wurde, von seinen Eltern. Vater Danny Levitch, ein Nachtclub-Sänger, brachte mit seinem komischen Talent auf der Bühne den Saal zum Kochen. Sein Sohn, der nach eigener Aussage mit „Schminke im Blut“ aufwuchs, wurde süchtig nach Applaus und tingelte schon mit 18 als Alleinunterhalter durch die Clubs.
Den Durchbruch schaffte er, als er 1945 den neun Jahre älteren italo-amerikanischen Schnulzensänger Paul Dino Crocetti kennenlernte, der sich Dean Martin nannte. Martin sei für ihn „der große Bruder, den ich nie hatte“ gewesen, erzählte Lewis dem „GQ“. Sie waren das perfekte Paar: Der gut aussehende Martin in der Rolle des seriösen Charmeurs, Lewis als blödelnder Kindskopf und tollpatschiger Clown.
„Sie waren wie Rockstars, bevor es Rockstars gab“, schrieb die New York Times. Damit landeten sie auf Olymp des Unterhaltungsgeschäfts: Von Charlie Chaplin holte sich Lewis Tipps für das Schneiden seiner Filme, und der alternde Stan Laurel erzählte ihm viele Abende lang von seinen Frauengeschichten.
Doch nach rund zehn gemeinsamen Bühnen-Jahren zerstritten sich Lewis und Martin und sprachen 20 Jahre kein Wort mehr miteinander. Nach der Versöhnung schrieb Lewis das Buch „Dean and Me – A Love Story“. Aber auch solo begeisterte er die Massen. Er drehte Kassenknüller wie „Der Regimentstrottel“, „Geisha Boy“, „Hallo, Page“ und „Geld spielt keine Rolle“.
Als Höhepunkt seiner Blödelkunst gilt „Der verrückte Professor“ von 1963, der 33 Jahre später mit Eddie Murphy neu verfilmt wurde. „Mein Baby“ nannte Lewis den Film. Aber auch in dramatischen Rollen wie an der Seite von Robert De Niro in Martin Scorseses „The King of Comedy“ (1982) feierte er Erfolge. Lewis spielte in mehr als 80 Kino- und Fernsehfilmen und führte Regie in über einem Dutzend anderer. Doch nicht auf all seine Arbeit war er stolz.
TV-Mammutshow für Muskelkranke
Sein Film über einen deutschen Zirkusclown, der nach einem abfälligen Kommentar über Adolf Hitler ins Konzentrationslager kommt, wo er jüdische Kinder erst zum Lachen bringt und sie dann in die Gaskammern führen soll, kam nie an die Öffentlichkeit. Der 1972 gedrehte „The Day The Clown Cried“ galt lange als Kino-Mythos und Film-Phantom. In einem Dokumentarfilm des deutsch-australischen Grimme-Preisträgers Eric Friedler, der 2016 zu Lewis' 90. Geburtstag ausgestrahlt wurde, äußerte er sich erstmals ausführlich dazu.
Er sei mit dem Filmprojekt gescheitert. „Ich habe schlechte Arbeit abgeliefert, als Autor, als Regisseur, als Schauspieler, als Produzent. Bei meinem Versuch, dieses große Menschheitsverbrechen von der Realität in die Fiktion hinüberzubringen, besetzten die Gräuel mein ganzes Denken und Fühlen.“ Der Misserfolg beschäftigte Lewis so sehr, dass er mehr als zehn Jahre lang keinen Film mehr drehte. Am Ende hat er seinem Ruf aber kaum geschadet.
Für seinen Einsatz im Kampf gegen Armut und Krankheiten bekam der siebenfache Vater 2009 einen Ehrenoscar. Seit 1966 stand er 45 Jahre lang als Gastgeber einer TV-Mammutshow für Muskelkranke auf der Bühne. Erst mit 85 Jahren trat er kürzer und gab diesen Einsatz auf.
Seinen letzten Spielfilm stellte er 2013 beim Filmfestival in Cannes persönlich vor. In „Max Rose“ spielt er einen Mann, der nach dem Tod seiner Frau feststellt, dass ihre jahrzehntelange Ehe auf einer Lüge aufgebaut war. Mit 87 Jahren zog Lewis dort seine gewohnte Spaßvogel-Show ab. Bei der Pressekonferenz blödelte er rum, schielte auf Kommando und steckte die Übersetzungskopfhörer in die Nase.
Ernst sein konnte der „verrückte Clown“ – wie er sich selbst bezeichnete – aber auch: Vieles in seinem Leben sei harte Arbeit gewesen, sagte Lewis. „Wenn ich auf mein Leben zurückblicke und alles Revue passieren lasse, werde ich müde. Ich muss mich hinsetzen.“ Er sei aber „sehr stolz“ auf das Geleistete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies