piwik no script img

Scharon bleibt draußen

■ Israels neues Kabinett wirkt gemäßigt, seine politischen Leitlinien jedoch nicht

Tel Aviv/Jerusalem (taz/AFP) – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat gestern sein Kabinett vorgestellt. Überraschend übernimmt er selbst das Außenministerium. Der dafür vorgesehene David Levy hatte zuvor abgelehnt, weil sich Netanjahu weigert, den Hardliner Ariel Scharon ins Kabinett aufzunehmen. Der pensionierte General Jitzhak Mordechai übernimmt das Verteidigungsministerium, Dan Meridor wird Finanzminister, und Avigdor Kahalani ist für Innere Sicherheit zuständig. Alle drei werden als gemäßigt eingestuft.

Die bereits am Vortag vorgestellten politischen Leitlinien von Netanjahus Regierung sind dagegen alles andere als Kompromißformeln: Demnach bleibt Jerusalem ungeteilte Hauptstadt Israels, der Golan bleibt unter israelischer Kontrolle, dort und im Westjordanland sollen weitere Siedlungen gebaut werden, den Palästinensern wird eine klare Absage an einen eigenen Staat erteilt.

Unter Palästinensern löste dieses Programm Entsetzen aus. „Die Richtlinien stellen einen Versuch dar, den Friedensprozeß zu begraben“, sagte der Vorsitzende der palästinensischen gesetzgebenden Versammlung, Ahmad Qoreih (Abu Ala'a). Besonders beunruhigt ihn die Feststellung, daß israelische Truppen auch innerhalb der palästinensischen Autonomiegebiete operieren sollen, wenn die israelischen Behörden dies für angebracht halten. „All dies kommt einem Versuch gleich, dem Friedensprozeß und den Abkommen zwischen den beiden Seiten den Garaus zu machen“, sagte der prominente palästinensische Politiker.

Ähnlich äußerte sich Saib Erekat, der für kommunale Angelegenheiten der palästinensischen Selbstverwaltung verantwortlich ist. Er bezeichnet das Regierungsprogramm als „Rezept für eine Katastrophe“. Netanjahu versuche den Friedensweg zu unterminieren und den Gang der Geschichte umzukehren: „Die Zeit der Konflikte soll wieder auferstehen.“ awo

Siehe Seite 11

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen