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Scharfe Weichteile

Die Galerie 7/8 Barmherzigkeit beim Schlachthof zeigt Fleischbilder von  ■ Maja Moes

Durch die verwitterte Tür der Hausnummer 115 betritt man ein U-Boot und geht sofort auf Tauchstation in einer subkutanen Welt nuanciertester Fleischwerdung. Von einer periskopisch angeordneten Fauna beziehungsweise Flora wunderlichster Ausprägung umgeben, rätselt das Auge: Korallenriffe? In Blut getauchte Gletscherzungen? Oder etwas ganz Neues: Die ersten Zeugnisse einer somatischen Höhlenforschung?

Zum Glück hängen dann doch auch Bilder, die der täuschenden Vieldeutigkeit ein Ende machen: Geflügelherzen, Schweineleber, Rindermagen. Seidenmatte Food- Art. Und dennoch erstaunlich, wie verzerrt sich diese naturbelassenen Objekte unserer Verzehrslust darbieten, nur weil jemand sich die Mühe nimmt, sie ins rechte Licht zu rücken und nahe heran zu gehen. Der etwas zu harmlose Titel „Fleisch und Landschaft“ trifft am ehesten auf die auf Posterformat vergrößerten Arbeiten zu, die an Luftaufnahmen von labyrinthischen, versunkenen Kontinenten erinnern. Die meisten Fotos sind aber zu geschlechtlich, die Paarung von organisch weichen Farben und mineralischen Strukturen zu obszön, um diese Schlachtabfälle als Landschaft wahrzunehmen. Eher doch Zungenküsse für die Augen.

Auffallend ist die dualistische Darstellung. Einerseits die wie für eine Obduktion isolierten ganzen Organe, die durch ihr Volumen und ihre wohldefinierte Form eine Art von autonomer Lebendigkeit gewinnen. Zum andern die ins Mark dringende Totale, die den Betrachter mit einer Grammatik der Fleischlichkeit vertraut zu machen versucht. Für die Dauer der Dekompressionsphasen beim Auftauchen haben die Galeristen im Heck des U-Bootes eine Bar eingerichtet, wo man sich Stufe für Stufe aus der Versenkung heraufholen kann. Daniel Rau

Sternstraße 115, nur Do und Fr, 17-20 Uhr, bis 10. 6.

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