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Scharfe Kritik an erhöhten Sozialbeiträgen

Bonn (dpa) — Die Erhöhung der Sozialabgaben zur Finanzierung der Einigungskosten ist von SPD-PolitikerInnen, der IG Metall und dem Handwerk scharf kritisiert worden. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine warf der Bundesregierung Wahlbetrug vor. IG Metall-Chef Franz Steinkühler nannte den Koalitionsbeschluß vom Vortag „skrupellos“ und ein „sozial ungerechtes Sonderopfer für Arbeiter und Angestellte“. Der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler und Lafontaine hielten der Koalition vor, sie habe Selbständige, Freiberufler und Beamte, die nicht in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert sind, „von den Kosten der Einheit völlig verschont“. Ziel sei offenbar, „dafür zu sorgen, daß die vor der Wahl objektiv betrügerisch verschwiegenen Kosten der Einheit ausschließlich den kleinen Leuten aufgebürdet werden, und daß die Besserverdienenden ungerupft davonkommen“, meinte Dreßler. Lafontaine betonte, eine Woche vor der Bundestagswahl am 2.Dezember habe das Bundesarbeitsministerium eine geplante Anhebung des Arbeitslosenbeitrags um zwei Prozent noch abgestritten. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) äußerte sich enttäuscht, daß mehr als die Hälfte der zusätzlich benötigten Finanzmittel den Beitragszahlern aufgebürdet werde, statt entschiedener Subventionen zu kürzen.

SPD-Geschäftsführerin Anke Fuchs meinte, daß auch die Betriebe in den neuen Bundesländern die höhere Belastung tragen müssen, werde nicht zur Gesundung der Wirtschaft dort beitragen.

Nach dem Beschluß der Koalition soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung vom 1. April an um 2,5 Prozentpunkte auf 6,8 Prozent erhöht und 1992 auf 6,3 Prozent zurückgenommen werden. Der Beitrag zur Rentenversicherung soll ebenfalls vom 1. April an von 18,7 auf 17,7 Prozent sinken. Die Nettoerhöhung der von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zur Hälfte zu tragenden Sozialabgaben beträgt damit in diesem Jahr 1,5 Prozentpunkte, ab 1992 einen Prozentpunkt. Beim Höchstbeitrag für ein Monatseinkommen von 6.500 Mark macht ein Prozentpunkt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber je 32,50 Mark aus. Dreßler kritisierte, Einkommen jenseits der Beitragsbemessungsgrenze von 6.500 Mark blieben unberührt.

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