: Scharaden mit Goldzahn
■ „Warte bis es dunkel ist“ im Theater im Zimmer
Waschmaschine, Kühlschrank, Spüle, Telefon, alles da. Und alles funktioniert sogar. Die Bühne im Theater im Zimmer, ein bezugsfertiges Appartement. Und wenn man auf die Heizungsrohre klopft, hört man ein täuschend echtes Echo aus den imaginären Nachbarwohnungen. Besonders stolz ist man im Theater auf den blitzenden Eckzahn des Ganoven Talman, sodaß man es sich nicht nehmen ließ, im Programmheft die entsprechende Zahnarztpraxis und ihre kunstvolle Goldzahn-Anfertigung zu würdigen.
Nicht nur die detailverliebte Requisite setzt in Warte, bis es dunkel ist von Frederick Knott ganz auf Publikumsverblüffung durch illussionistischen Schnickschnack, auch die Inszenierung von Dieter Lobach. Schwer schleppt sich am Anfang durch das komplizierte Gefüge aus irrtümlicher Eifersucht und kalt kalkuliertem Verbrechen, falschen Freunden und zu Unrecht verdächtigten Geliebten. Und die Schauspieler haben alle Hände voll zu tun, den komplizierten Plot einer außerhalb des Bühnengeschehens liegenden Vorgeschichte nachzureichen. So erfahren wir in langen Gesprächen zwischen drei Gangstern, wie eine mit Heroin ausgestopfte Puppe in die Wohnung der ahnungslosen und obendrein noch blinden Susy (Sabine Falkenberg) gerät. Ihr tischt das Trio nun in wüsten Scharaden die abenteuerlichsten Geschichten auf, um wieder in den Besitz des kostbaren Spielzeugs zu kommen. Die Schurken geben sich als Kriminalbeamte oder Militärkollegen ihres Mannes aus, dessen Abwesenheit sie dabei ebenso nutzen wie Susy's Blindheit. Doch die weiß am Ende ihre Schwäche gegen die Belagerer zu nutzen, in dem sie ihnen das Licht ausdreht. Sabine Falkenbergs leerer Blick, immer knapp am eigentlich Anzusehenden vorbei, ihre Hilfskonstruktionen, mit denen sie als Blinde versucht, die sichtbare Welt zu bewältigen ist souverän gespielt. Doch wenn sie weint, lügt, verzweifelt oder schreit sind die gestischen Anleihen bei Audrey Hepburns Susy-Darstellung in Mel Ferrers gleichnamiger filmischen Adaption des Bühnenstücks, allzu offensichtlich. big
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