Schanzenfest wird Gefahrengebiet: Alles unter Kontrolle
Die Polizei erklärt das Schanzenviertel für die Stunden nach dem Fest am Samstag zum Gefahrengebiet - rein vorsorglich.
Die Polizei hat die Gegend um das besetzte Stadtteilzentrum Rote Flora für die Stunden nach dem Schanzenfest zum Gefahrengebiet erklärt. Samstagnacht von 23.30 bis fünf Uhr morgens gelten somit nach dem Polizeigesetz Sonderbefugnisse, nach denen Personen verdachtsunabhängig kontrolliert und nach Augenschein mit Platzverweisen versehen werden können. Die Veranstalter lehnen diese Strategie „aufs Schärfste“ ab.
Das Schanzenfest sollte bislang ausschließlich der Solidarität mit der griechischen Bevölkerung gelten. „Das Straßenfest im Schanzenviertel steht unter dem Motto der Proteste, Streiks und Aufstände gegen soziale Kürzungen in Griechenland“, heißt es in dem Aufruf.
Doch nun wird das Fest wieder zum Politikum. In der Vergangenheit ist es nach dem Fest zu Krawallen gekommen, die von Krawalltouristen ausgingen, aber auch von frustrierten Polizisten, die ihre uniformierten Kollegen angreifen wollten. „Wir haben damit in den vergangenen Jahren gute Erfahrung gemacht“, begründet Polizeisprecher Mirko Streiber die Ausrufung zum Gefahrengebiet.
Es gebe zwar keine konkreten Hinweise darauf, dass „erlebnisorientierte Jugendliche“ das Schanzenfest wieder für Randale nutzen wollten. Auch würden die Anwohner zunehmend Krawalle, die von Außenstehenden ausgingen, selbst unterbinden. „Wir sind aber nicht ganz soweit, dass alles friedlich verlaufen wird“, sagt Streiber.
Das zuständige Bezirksamt Altona zeigt sich von der Maßnahme überrascht. „Ein Gefahrengebiet richtet allein die Polizei ein“, sagt Sprecherin Kerstin Godenschwege. Im Bezirk Altona habe bisher die Überzeugung geherrscht, dass alles entspannt sei und dass die Behörde – wie in der Vergangenheit auch – das Schanzenfest ohne offizielle Anmeldung dulden könne. „Von unserer Seite ist in Richtung Gefahrengebiet nichts unternommen worden“, sagt Godenschwege.
Die Veranstalter lehnen die Maßnahme ab. „So etwas schürt nur eine aggressive Stimmung gegen die Polizei“, sagt Anwalt Marc Meyer. Er verweist darauf, dass es im vergangenen Jahr 400 Platzverweise nur nach Aussehen, Kleidung oder Migrationshintergrund gegebenen habe.
„Wenn ich an dem Abend keine schlechte Laune hätte, würde ich sie spätestens bei einer Kontrolle bekommen“, sagt Meyer, der das Konstrukt des Gefahrengebietes für rechtswidrig hält – das Verwaltungsgericht wird am Montag nach dem Schanzenfest darüber entscheiden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?