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Schalke gegen BayernHasstiraden für den Heimkehrer

Im Mittelpunkt des Duells zwischen Schalke und Bayern stand ein Mann: Münchens Torwart Manuel Neuer. Die Fans seines Exvereins empfingen ihn mit Pfiffen. Die Bayern rächten Neuer mit zwei Toren.

Manuel Neuer hatte kaum Ballkontakt, aber dafür viel Zeit, die Schmähplakate gegen ihn zu lesen. Bild: dpa

GELSENKIRCHEN dpa | Pfiffe gegen Manuel Neuer, aber die nächsten drei Punkte für die Bayern: Auch der feindselige Empfang für den Nationaltorwart auf Schalke hat den Münchner Siegeszug nicht aufhalten können. Beim 2:0 (1:0) in Gelsenkirchen leitete der für Tor-Garant Mario Gomez ins Team gerückte Nils Petersen am Sonntag den fünften Erfolg nacheinander ein. Der Neuzugang (21. Minute) und Thomas Müller (75.) sorgten dafür, dass der Rekordmeister auch nach dem sechsten Spieltag Spitzenreiter bleibt. Schalke steckt nach der ersten Heimniederlage der neuen Saison im Tabellen-Mittelfeld fest.

"Mich freut es besonders für den Manuel. Ich denke, dass meine Mannschaft nicht nur für den FC Bayern gespielt hat, sondern auch für den Manuel, denn einiges, was passiert ist, hat er nicht verdient", sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes im TV-Sender Sky und bescheinigte seinen Schützlingen: "Insgesamt hat meine Mannschaft wieder ein Klassespiel gemacht. Wir haben sicher die beste zweite Halbzeit in dieser Saison gespielt."

Die Schalker Fans begrüßten ihren einstigen Liebling Neuer beim Warmmachen 40 Minuten vor dem Anpfiff mit einem lautstarken Pfeifkonzert und denunzierenden Sprechchören. In der Nordtribüne hing ein großes Spruchband mit der Aufschrift "Wir trauern um M. Neuer - gestorben zwischen 2005 & 2011 - wiederauferstanden als charakterlose Marionette". Das bezeichnete Heynckes als "geschmacklos". Die protestierenden Fans unter den 61.673 Zuschauern in der ausverkauften Arena hatte er vor dem Anpfiff als Minderheit bezeichnet.

Neuer kaum am Ball

Neuer wurde in der Partie bei jeder Ballberührung ausgepfiffen - allerdings war der Auswahlkeeper kaum am Ball. Seine Kollegen hatten das Geschehen vier Tage nach dem 2:0 in Villarreal meist fest im Griff. Eine Freistoß-Flanke von Holger Badstuber lenkte Schalke-Torwart Ralf Fährmann noch um den Pfosten (16.), dann gelang dem für den verletzten Gomez erstmals von Beginn an aufgebotenen Petersen sein zweites Saisontor. Nach einem Sprint über das halbe Feld bediente Franck Ribéry den ehemaligen Cottbuser. Petersen scheiterte erst an Fährmann, traf aber im zweiten Versuch. Neuer nahm dies auf der anderen Seite ohne Jubel zur Kenntnis.

Erst danach taten die Hausherren gegen die beste Abwehr der Liga mehr nach vorn, zwei Flachschüsse von Klaas-Jan Huntelaar landeten knapp neben dem Pfosten (29./33.). Neuer musste nur einen Rechtsschuss von Linksverteidiger Christian Fuchs parieren (47.), die hochkarätigen Chancen besaßen danach die Münchner: Petersen schob das Leder aus bester Position vorbei (51.), auch Müller verpasste nach Zuspiel von Philipp Lahm das 0:2 (53.). Bastian Schweinsteiger scheiterte mit einem abgefälschten Freistoß an Fährmann (60.). Ohne den weiter angeschlagenen Arjen Robben lief viel über die linke Seite, wo der starke Ribéry wirbelte. Nur die Effektivität im Abschluss fehlte den starken Bayern, die auch im achten Pflichtspiel nacheinander ohne Gegentor blieben.

Die Schalker kamen nach der Pause kaum noch gefährlich in die Nähe von Neuers Tor. Schweinsteiger und Toni Kroos konnten im Mittelfeld nach Belieben schalten, der für Petersen gekommene David Alaba und Ribéry bereiteten schließlich die Entscheidung vor. Als Kyriakos Papadopoulos nach Ribérys Eingabe neben den Ball trat, war Müller mit einem ersten Saisontreffer zur Stelle.

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2 Kommentare

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  • ES
    Ein Schalker

    Sie haben mit Ihrem Kommentar vielen Schalkern aus der Seele gesprochen!

  • J
    Jaffi

    Die Reaktion der Schalker Fans hat Manuel Neuer sich selbst zu verdanken.

    Es gibt so viele Argumente, die in diversen Presseartikeln immer wieder aufgeführt werden, warum der Wechsel nach Bayern München das einzig Richtige war und dass Schalke seinem ehemaligen Torwart so viel zu verdanken habe. Das sei doch schließlich alles Business und da sei kein Platz für Gefühlsduseleien. Ich möchte hier nur mal ein paar Argumente aus Fan-Sicht auflisten, die die extremen Reaktionen vielleicht etwas verständlicher machen können:

    1. Zum Argument Neuer habe doch über 20 Jahre auf Schalke gespielt und der Verein ihm viel zu verdanken:

    Neuer hat seit seinem 4. Lebensjahr auf Schalke gespielt. Er ist auf Schalke groß geworden. Dass aus ihm ein so guter Torwart geworden ist, liegt zum einen an seinem überragenden Talent, zum anderen aber auch an den Rahmenbedingungen, die er auf Schalke vorgefunden hat. Das sportliche Umfeld, aber auch die bedingungslose Unterstützung der Fans. In seiner zweiten Saison als Nummer 1 im Schalker Tor hat er sich so manchen Patzer geleistet. Wäre er damals Torwart von Bayern München gewesen, hätte er wohl nicht die Unterstützung bekommen, auch Fehler machen zu dürfen.In den Zeitungen stand damals regelmäßig was vom "Flutschfinger Neuer". Das Schalker Publikum pfeift auch schon mal gerne, Manuel Neuer dagegen hat nicht ein einziges Mal auch nur ein Grummeln zu hören bekommen. Er hat auf Schalke die Unterstützung bekommen, die er gebraucht hat, um so ein guter Torwart zu werden. Sobald er gut genug war, ist er gegangen. Er hat nicht einmal seinen ersten Profivertrag durchgehalten. So viel zur Vereinstreue.

     

    2. Ein Wechsel nach Bayern ist der logische Schritt ein seiner Karriere

    Ein Wechsel ins Ausland wäre auch möglich gewesen. Er hätte nicht zu einem Ligakonkurrenten wechseln müssen. Das hätte ihm kein Fan übel genommen. Alle Schalker wussten, dass er längst zu gut für Schalke war und dass er irgendwann gegangen wäre. Noch vor einem halben Jahr hätte allerdings die Mehrheit der Fans die Hand dafür ins Feuer gehalten, dass ausgerechnet er niemals zu den Bayern wechseln würde.

     

    3. Man muss das alles aus professioneller Sicht sehen

    Das darf man im Falle Neuer regelrecht nicht. Gerade er hat sich selbst ein Image aufgebaut, dass er für die Werte eintritt, die jetzt als albern und kindisch abgetan werden. Er hat sich als Schalker stilisiert, der gestern noch in der Kurve stand und heute schon auf dem Feld spielt. Er, der immer Schalke-Fan geblieben sei. Er hat immer wieder betont, wie wohl er sich auf Schalke fühle, wieviel es ihm bedeute, ausgerechnet für Schalke spielen zu dürfen. Zitate wie "entweder ich spiele für Schalke oder gar keinen Fußball" oder "ein Manuel Neuer beim Fc Bayern, das passt nicht" und viele mehr stammen aus Zeiten, als er schon mit dem FC Bayern Gespräche geführt hat.

    Er hat über einen langen Zeitraum die Fans belogen, die ihm geglaubt und vertraut haben und wie schon oben erwähnt, bedingungslos unterstützt haben. Dass diese Liebe nun in Hass umschlägt, kann man kritisieren, man kann es aber auch nachvollziehen. Das einzige, was man den Fans vorwerfen kann, ist dass sie seinen Aussagen geglaubt haben. Dass sie gedacht haben, auch in dem modernen Fußballgeschäft gebe es noch die Spieler, die anders sind, denen es wirklich noch etwas bedeutet, für welchen Club sie spielen. Das war ein Irrtum.

    Dass er dann nach seinem Wechsel noch nachtreten musste mit Aussagen wie, die Eckfahnenaktion beim Spiel gegen die Bayern sei ein Blackout gewesen etc hat dann auch den letzten verbliebenen Anhängern unter den Schalkern den Rest gegeben.

    Mich wundert es, dass tatsächlich erwartet wurde, er würde in Gelsenkirchen mit Blumen und Applaus begrüßt werden.