Schäden durch Klimawandel und Dünger: Ostsee zu warm
In der Ostsee gibt es immer weniger Sauerstoff. Daran ist auch der Klimawandel schuld. Seit gut hundert Jahren breitet sich der Sauerstoffmangel aus.
BERLIN taz | Für Muscheln, Schnecken und Krebse wird es in der Ostsee zunehmend enger. Grund dafür ist die Ausdehnung der Meereszonen ohne Sauerstoff.
„Die Zonen beginnen heute schon 70 bis 100 Meter unter der Wasseroberfläche“, sagt Karoline Kabel vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW). Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern hat sie die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ostsee untersucht.
Die Forscher bargen und analysierten dafür mehrere Sedimentkerne vom Meeresboden. Anhand der Ablagerungen lassen sich auch zu früheren Zeitpunkten herrschende Bedingungen untersuchen. „Die Ausbreitung der Zonen ohne Sauerstoff begann um 1900“, erklärt Kabel. Dabei wirken mehrere Mechanismen zusammen: Zum einen gelangt nur selten – beispielsweise bei Stürmen – frisches Wasser in die tieferen Bereiche der Ostsee. Es kommt also nur dann neuer Sauerstoff dazu.
Zum anderen führen im Zuge des Klimawandels steigende Temperaturen dazu, dass sich mehr Cyanobakterien, früher als Blaualgen bezeichnet, bilden. Sie brauchen dafür eine Temperatur über 16 Grad und wenig Wind. Je wärmer der Sommer, desto höher die Wassertemperatur und desto mehr Blüten bilden sich. Das organische Material sinkt in die Tiefe, wird dort abgebaut, und dabei wird Sauerstoff verbraucht. Bereiche mit wenig oder sogar ohne Sauerstoff entstehen. „Im Moment betrifft das etwa 10 Prozent der gesamten Ostsee“, sagt Kabel.
Die Forscher haben in ihrer Studie auch Folgen der Überdüngung berücksichtigt. „Ohne die erhöhte Temperatur führen die zusätzlichen Nährstoffe in unserer Simulation zwar auch zu Sauerstoffmangel, doch die Ausbreitung der sogenannten Todeszonen bleibt deutlich hinter der Entwicklung mit circa 2 Grad Celsius höheren Temperaturen zurück“, sagt Forscher Christian Porsche. Wie genau der Phosphorkreislauf, der sich auf die Cyanobakterien auswirkt, in der Ostsee funktioniert, will das Institut noch untersuchen.
Für Jochen Lamp vom WWF ist vor allem die Überdüngung der Faktor, an dem sich etwas ändern lässt: „Wenn nur noch maßvoll gedüngt wird, wäre schon etwas gewonnen.“ Doch auch weitere Einflüsse wie Stickstoffemissionen der Schiffe müssten reduziert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“