piwik no script img

Berliner SzenenSchadenfreude

Der Stau

Seine Reaktionsgeschwindigkeit lässt zu wünschen übrig

Ich muss noch mal zum DHL-Shop in der Schreinerstraße was zurückschicken. In der Samariterstraße parken mehrere Lieferwagen auf beiden Seiten in der zweiten Reihe, sicherlich sehr zur Freude der von der Frankfurter Allee kommenden Autofahrer. Berghoch hat sich bereits ein kleiner Stau gebildet.

Eine Frau in einem silbernen C3 schickt sich an, aus der Samariter- links in die Bänschstraße zu biegen, bricht das Vorhaben aber ab, als sie den Lkw entdeckt, der dort in hundert Metern die ganze Fahrbahn versperrt. Vorsichtig setzt sie zurück, um sich wieder in die Fahrzeugschlange zu schieben. Gerade als ich die Bänschstraße betreten möchte, schert ein grüner BMW drei Positionen weiter hinten aus der Schlange aus, beschleunigt, rast an den vor ihm stehenden Wagen vorbei und jagt um die Kurve auf mich zu. Ich springe zurück auf den Bürgersteig. Ein paar Sekunden Zeitersparnis zählen für den Arsch offensichtlich mehr als das Leben von Fußgängern.

Aber was will man von einem BMW-Fahrer aus dem Märkisch-Oderland erwarten, der bestimmt frustriert ist, weil sein Kennzeichen nicht mit BMW, sondern mit MOL anfängt? Seine Reaktionsgeschwindigkeit lässt jedenfalls zu wünschen übrig. Erst wenige Meter vor dem die Straße blockierenden Laster kriegt er sein Auto zum Halten. Ich bringe mein Paket zum Spätkauf. Als ich kurz darauf zurückgehe, hat sich der Stau in der Samariter aufgelöst. Der Brandenburger aber steht immer noch hinter dem Lkw. Ein zweiter Brummi ist nach ihm in die Bänschstraße eingebogen und versperrt ihm nun den Rückweg. Eine gute Gelegenheit, schadenfroh zu ihm zu gehen und mit ihm über Verkehrsregeln zu plaudern. Ich könnte zum Beispiel fragen, ob er beim Rechtsabbiegen eigentlich den Schulterblick macht. Ich lasse es, denn ich kenne die Antwort.

Stephan Serin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen