Sauberes Wasser als Menschenrecht: "Toiletten sind wichtig"
Die Vereinten Nationen haben sauberes Wasser als Menschenrecht anerkannt. Damit schaffen sie die Grundlage für eine bessere Versorgung, sagt die Juristin Beate Rudolf.
taz: Frau Rudolf, rund drei Milliarden Menschen haben keinen direkten Zugang zu sauberem Wasser. Was bedeutet es für Sie, dass die Vereinten Nationen am Mittwoch Wasser zum Menschenrecht erklärt haben?
Beate Rudolf: Das hat eine ganz wichtige Signalwirkung. Die Staaten bekennen sich dazu, dass es ein Recht auf Wasser und Sanitärversorgung gibt, und schaffen damit die Grundlage dafür, dass dieses Recht mehr Geltung erhält. Die Staaten erkennen an, dass sie dieses Recht achten, schützen und auch verwirklichen müssen. Etwa müssen sie ihre Finanzmittel entsprechend einsetzen oder im Falle von Privatisierungen die Unternehmen kontrollieren.
Ist die Privatisierung der Wasserversorgung eines der grundlegenden Probleme?
46, ist seit Januar Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin. 2007 veröffentlichte die Verfassungsjuristin "Menschenrecht auf Wasser?" im Peter Lang Verlag.
Nein, sie ist nur dann schlecht, wenn es keine ausreichende staatliche Überwachung gibt. Privatisierungen müssen in einem Gesamtkonzept stehen, das auf Menschenrechte ausgerichtet ist. Notwendig sind effektive Institutionen, zudem muss Wasserpolitik partizipativ gestaltet werden. Die Betroffenen müssen darüber mit entscheiden, wo beispielsweise Brunnen gebohrt oder wie der Zugang zu Wasser organisiert wird.
Was sind die größten Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung?
Das ist unterschiedlich: Es gibt Länder, in denen Wasserstellen weit entfernt sind. Oft sind es die Mädchen, die Wasser holen müssen und deshalb nicht zur Schule gehen können. In bewaffneten Konflikten sind die Wege außerdem oft gefährlich. In anderen Ländern gibt es zwar eine Wasserversorgung, aber etwa nicht für die Armen in den Slums der großen Städte.
Welche Staaten stehen vor allem in der Verantwortung?
Menschenrechte richten sich vor allem an die Staaten, in denen die betroffenen Menschen leben. Sind diese Länder aber nicht in der Lage, das Recht umzusetzen, dann muss die Staatengemeinschaft ihnen dabei helfen. Dabei muss die Zielsetzung der Entwicklungszusammenarbeit die Verwirklichung der Menschenrechte sein. Die Verpflichtung zu Hilfe heißt also nicht, dass Staaten Zahlungen beanspruchen können, sondern dass Menschen in armen Ländern ein Recht auf die Verbesserung ihrer Lebensumstände haben.
Orientiert sich die Bundesregierung an dieser Forderung?
Sie legt schon lange ein besonderes Gewicht auf das Recht auf Wasser. Das ist gut, denn es erkennt an, dass die sozialen und wirtschaftlichen Rechte grundlegend für andere Rechte sind. Man kann Recht auf Meinungs- oder Religionsfreiheit nicht wahrnehmen, wenn man verdurstet oder aufgrund von mangelnden Sanitäreinrichtungen an Typhus erkrankt. Leider ist die Sanitärversorgung häufig ein Tabu, Politiker wollen sich nicht gerne mit Toiletten befassen. Es ist also gut, dass das Thema jetzt auf die politische Agenda gerät.
Warum haben einige Länder, wie die USA und Kanada, den Antrag Boliviens nicht unterstützt?
Wichtig ist: Kein Staat hat gegen die Resolution gestimmt, es gab nur Enthaltungen. Einige Staaten haben noch grundsätzliche Bedenken gegen wirtschaftliche und soziale Rechte. Sie befürchten, dass sich der Staat in die Rolle des Versorgers begibt und Freiheit und Selbstverantwortung geschwächt werden. Das ist aber zu kurz gedacht: Soziale und politische Rechte ermöglichen Freiheit. Zudem gab es die Befürchtung, dass die Resolution die Privatisierung der Wasserversorgung verbieten würde. Das ist aber nicht der Fall, es geht nur darum, dass der Staat in der Verantwortung bleibt.
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