Satanist oder Glücksbringer?

■ Erfahrungen einiger ehemaliger Schüler mit dem Orden Thelema und seinem „Guru“ Michael D. Eschner

Wenn man sich die Mühe macht, einige ehemalige Thelemiten zu besuchen, erfährt man Erstaunliches über die Praktiken von Michael D. Eschner. Übereinstimmend sagten alle, daß Eschner der „absolute Boss“ dieses Vereins ist. Der „Orden“ sei hierarchisch strukturiert wie das Militär. Eschner ist der „Oberbefehlshaber“, unbedingter Gehorsam unter seine Gesetze ist unabdingbar; wem das nicht paßt, der kann gehen; nur ist das für die meisten gar nicht so einfach. Nach einiger Zeit bei diesem Orden ist es nach Meinung der „Ehemaligen“ extrem schwierig, wieder in der „normalen“ Gesellschaft zurechtzukommen. Einige standen nach ihrem Austritt aus dem „Orden“ kurz vor dem Irrenhaus, da Eschner jegliche Verantwortung für die Auswirkungen seines Tuns bei Schülern ablehnt. Das ging soweit, daß eine Frau „freiwillig“ ihr Kind zur Adoption freigeben mußte.

Den wenigsten „Thelemiten“ war überhaupt klar, was Eschner wollte. Es wurden bei bestimmten „Prüfungen“ keine Erklärungen abgegeben, warum einer „Dinge gegen seine Programme“ tun sollte. Denn alle „Übungen“ fanden unter größtem Alkoholgenuß (mindestens eine Flasche billigsten Wodka-Fusels) statt, so daß von einem „freien Willen“ (und sei er noch so primitiv) nicht mehr die Rede sein konnte. Im Suff wurden dann viele zu Sexualpraktiken gezwungen, zu denen sie überhaupt keine Lust hatten („Bumsen gegen die Programme“). Das reichte von Kotverzehr bis zur stundenlangen Fellatio beim „Meister“. Wer ausflippte, wurde von „Daumenbeißer“ zur Disziplin gezwungen. Wenn der Daumenbiß nicht reichte, wurde auch mal kräftig mit der Faust nachgeholfen („Ich wurde grün und blau geprügelt“). Eine Frau wurde nach Versagen bei einer „Übung“ in ein dunkles Kellerzimmer gesperrt; dort durfte sich dann der „Strafvollstrecker“ auf brutal-sadistische Art und Weise an ihr austoben.

Konsens bei allen „Ehemaligen“ war, daß Eschner weder versuchte, seine „Befehle“ transparent zu machen, noch irgendwelche Rücksicht in bezug auf die Verträglichkeit seiner Praktiken bei seinen „Schülern“ nahm. Selbständiges Denken war nicht angesagt. Nach kurzer Zeit redeten alle so wie der „Meister“ („Thelema-Jargon“). Einer bezeichnete diese Strategie als „Kosmo-Faschismus“ übelster Art; denn alle weißen Magier hätten sich bewußt nie ihres stärkeren Willens bedient, um dem Schüler ihre Handlungsmuster aufzuzwingen (wie zum Beispiel R. Steiner, Jesus, Bhagwan).

Ein „Ehemaliger“ hatte sich die Mühe gemacht und alle Bücher Eschners auf Authentizität überprüft. Er fand heraus, daß so gut wie alles an Eschners Theorie geklaut war. Angefangen bei den Körperübungen (Raja-Yoga, Bioenergetik) über Deprogrammierung der Psyche (Wilson, Leary, Crowley), bis hin zu Ritualübungen des Golden Dawn-Ordens (Regardie). Zum Teil hat Eschner sich noch nicht mal die Mühe gemacht, es noch mal abzuschreiben, sondern einfach fotokopiert.

Übereinstimmend sagten alle „Ehemaligen“, daß sie die praktizierten Techniken (Yoga, Meditation) bei „Thelema“ wirksam und gut fanden. Aber die Anwendungsweise durch Eschner empfanden sie als „primatenhaft machtgeil“. Eschner sei es nur um persönliche Machtbereicherung auf Kosten von Schülern gegangen. Ihn interessierte nicht im geringsten der Selbstfindungsprozeß einzelner, sondern nur die Deprogrammierung (Zerstörung der alten Persönlichkeitsstruktur) und Neuprogrammierung mit seinem elitären Machtgetue („Ihr wollt doch was Besseres sein als diese dummen Primaten. Zertretet sie, ihr habt das Recht dazu“). Liebe haben die meisten „Ehemaligen“ von ihrem „Meister“ nie erfahren. Statt dessen wurden Machttitel in hauseigener Regie vergeben, vom Neophyten über Zelator bis zum Adeptus Minor.

Heute arbeiten viele „Ehemalige“ mit Hilfe anderer Gruppen oder aus eigener Kraft weiter an ihrem Selbstfindungsprozeß. Eine Warnung an alle Interessierten zum Schluß von einer Frau: Michael D. Eschner sei weder die Reinkarnation Crowleys noch der Logos des „Neuen Äons“, wie er sich selbst bezeichnet, sondern ein gefährlicher schwarzer Magier mit einem großen Hang zur Macht.

Zur Zeit steht Eschner in Lüneburg vor Gericht, wo er sich, wie schon bei seinem letzten Prozeß in Berlin, wegen Mißhandlungen bei seinen „Ausbildungsabenden“ verantworten muß.