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Sardinische BilderNackt bei Berlusconi

Die spanische Zeitung "El País" veröffentlicht brisante Fotos von Tschechiens Exregierungschef Mirek Topolánek. Dieser sieht eine "sozialistische Verschwörung" am Werk.

Mirek Topolánek am Sonntag bei der Stimmabgabe zur Europawahl in Prag. Bild: dpa

PRAG taz | Gerne rühmt sich Tschechiens Expremier Mirek Topolánek, ein "Kerl mit Eiern" zu sein. Jetzt kann sich die ganze Welt davon überzeugen, ob dem auch so ist. Am Freitag veröffentlichte die spanische Tageszeitung El País das Foto eines nackten, offensichtlich erregten Mannes, eines von rund 700 Paparazifotos aus der sardinischen Villa von Italopremier Silvio Berlusconi. Das Gesicht des Mannes war zwar unkenntlich gemacht. Tschechische Medien wollen in dem Nudisten aber sofort Topolánek erkannt haben. Der hatte im Mai 2008 tatsächlich zusammen mit seiner Geliebten, der tschechischen Politikern Lucie Talmanova, und dem gemeinsamen Baby Nicolas Urlaub bei Berlusconi gemacht.

Knirschend hat Topolánek inzwischen zugegeben, dass es tatsächlich er ist, der sich auf dem brisanten Bild einer liegenden Frau zuneigt. Verraten hat den 53-Jährigen ein weißes Band am linken Handgelenk. Das gleiche Armband trägt Topolánek auf Bildern, die sowohl vor als auch nach seinem Sardinienurlaub gemacht wurden. Es sei ein Zeichen seiner Unterstützung für Tibet, erklärte er damals. Bei dem sardinischen Urlaubsschnappschuss handele es sich aber teilweise um eine Montage, meinte Topolánek. Das sei "ausgeschlossen", erwiderte der stellvertretende Chefredakteur von El País, José Manuel Calvo.

Fotomontage hin oder her, ganz sicher, so der Politiker, handele es sich bei dem Foto "um einen brutalen Eingriff in die Privatsphäre". Überhaupt, so Topolánek weiter, sei das Ganze eine paneuropäische sozialistische Verschwörung: "Ich habe nicht geahnt, dass die Europawahlen den Sozialisten wichtig genug sind, um solch lächerliche Angriffe und Manipulationen zu gebrauchen", erklärte er. Eine solche Behauptung zeuge davon, wie seelisch ausgebrannt Topolánek sei, konterte dessen innenpolitischer Widersacher, der Sozialdemokrat Jirí Paroubek.

Tatsächlich sind Topoláneks Eier nur ein Nebenschauplatz der Affäre um den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Denn nur zufällig geriet Topolánek bei seinem Sardinienurlaub vor die Linse des Fotografen Antonella Zappadu. Der wollte eigentlich das wilde Treiben Berlusconis dokumentieren. Rund 700 Fotos will Zappadu von der Luxusvilla des italienischen Regierungschefs geschossen haben. Auf ihnen seien vor allem sehr junge, sehr schöne und sehr leicht bekleidete Mädchen zu sehen, erklärte Zappadu. Bei einer Silvesterparty in der Villa 2007 sei auch die damals noch 17-jährige Noemi Letizia anwesend gewesen, dokumentierten die Paparazzobilder. Deren Verhältnis zu Berlusconi beschäftigt die Italiener schon seit Wochen. Vermutungen, die schöne Schülerin und der alternde Machtmensch hätten eine Beziehung, wurden dabei durch Berlusconis Ehefrau weiter angeheizt, als sie die Scheidung beantragte.

Um die Veröffentlichung der Fotos in Italien zu untersagen, hat Berlusconi nun seinem einstigen Gast Topolánek die Rolle des nützlichen Idioten zugedacht. Denn Berlusconis Anwalt Nicola Ghedini begründete die Beschlagnahmung der Bilder durch die römischen Staatsanwaltschaft damit, dass darauf Mitglieder einer hochrangigen Delegation eines ausländischen Staates zu sehen seien.

Allerdings war Topolánek nicht in seiner Funktion als Regierungschef Berlusconis Gast. Stets hat er beteuert, bei seinem Berlusconi-Urlaub handele es sich um eine "rein private" Reise. Denn der Sardinientrip brachte Topolánek nicht nur wegen der Veröffentlichung des Nacktfotos in die Schlagzeilen. In Tschechien wurde ihm ein Interessenkonflikt vorgeworfen, bevor er sich bei Berlusconi seiner Badehose entledigen konnte: Der damalige Premier war mit einem Privatflugzeug nach Sardinien geflogen, das ihm von einer Firma gestellt wurde, die Interesse an der Privatisierung des Prager Flughafens Ruzyne hat.

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