Sarah Wiener Die Zutat: O du pralle, glänzende Melanzani
Moussaka vom Griechen oder französisches Ratatouille ist etwas Achtziger. Dennoch müssen wir uns eingestehen: richtig gut gemacht, frisch und ohne Béchamelsauce ist es noch immer ein köstliches Trostessen. Das liegt für mich hauptsächlich an dieser wunderbar dunkelvioletten Frucht, an die sich viele nicht recht rantrauen. Hier in Deutschland sagt man, französisch, Aubergine. Ich nenne das Nachtschattengewächs gerne bei seinem österreichischen Namen Melanzani, was so viel wie „verrückte Frucht“ bedeutet. Verrückt deshalb, weil man der Melanzani früher aphrodisierende Wirkung zugeschrieben hat.
Auch wenn sich das als Humbug erwiesen hat, gehört sie zu meinen Lieblingen in der Gemüseabteilung. Selbst angebaut habe ich Melanzani bis jetzt nicht, aber ich erinnere mich noch gut, wie begeistert ich war, als ich sie auf italienischen Märkten zum ersten Mal in den Händen hielt. Frische, reife Exemplare sind immer prall und glänzend. Ein weiteres Indiz ist das weiche, weiße Fruchtfleisch sowie die hellen Kerne. Je älter, desto zerfurchter und matschiger wird es. Saison hat die Melanzani, ebenso wie die Zucchini, im Sommer.
Aber anders als die Zucchini sollte man Melanzani nicht roh verzehren. Denn das Fruchtfleisch enthält viele Bitterstoffe und Solanin, ein schwaches Nervengift. Das sorgt für Übelkeit und schmeckt nicht besonders. Ältere Züchtungen musste man vor dem Braten zudem einsalzen und stehenlassen, ansonsten wurde das Fruchtfleisch zäh. Ganz so pflegeleicht sind sie also nicht, meine geliebten Melanzani, aber jede Aufmerksamkeit wert. Rezepte gibt’s nämlich wie Sand am Meer.
Ich genieße sie zum Beispiel angeschmort mit anderem Gemüse, eingelegt mit Essig oder auch als köstliches Püree mit etwas Distelöl, Sesampaste und Koriander. Dafür schiebe ich ganze Auberginen bei 200 Grad in den Ofen, bis die Haut schwarz wird, ziehe diese ab und püriere das Fruchtfleisch.
Aufwändiger sind gefüllte Melanzaniröllchen mit Pilzen. Die mache ich gerne, wenn Besuch kommt. Dafür putze ich zwei Melanzani, hoble sie in sehr dünne, gleichmäßige Scheiben und brate diese in ein wenig (Knoblauch-)Öl an. Dann zerkleinere ich je ein viertel Kilo Champignons und Austernpilze sowie eine rote Zwiebel, röste diese an und schmecke alles mit Salz, Pfeffer und Thymian ab.
Die Köchin Sarah Wiener stellt hier jeden Monat eine ihrer Lieblingszutaten vor. Heute: Auberginen.
Ich schneide zwei Mozzarella in schmale Streifen und viertle ein halbes Kilo Datteltomaten. Damit und mit den Pilzen belege ich meine Melanzanischeiben und forme kleine Röllchen, die ich in eine gebutterte Backform lege. Darüber noch eine schnelle Tomatensauce mit Zwiebel, Knoblauch und Basilikum und ein wenig Parmesan, ehe die Röllchen bei 175 Grad eine Viertelstunde im Ofen gegart werden. Für Eilige tun es statt der Pilzfüllung auch einfach Tomaten, Kräuter und Mozzarella. Guten Appetit!
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