Sarah Wiener Die Zutat: Lust auf Lorbeerblätter
Während die meisten Gewürze, Gemüsesorten oder Kräuterpflanzen im Laufe der Zeit mit sehr vielen unterschiedlichen regionalen Begrifflichkeiten bedacht werden, ist diese Heilpflanze in ihrer über tausendjährigen Geschichte ihrem Namen treu geblieben: Lorbeer. Den tragen dafür gleich eine ganze Reihe Pflanzen, von denen viele nicht einmal zur Familie der Lorbeerartigen gehören. Doch ob Azorenlorbeer, Lorbeerfeige oder auch der giftige Kirschlorbeer – essbar sind sie alle nicht. Als Zutat kommt nur der Echte Lorbeer infrage.
Seine Blätter sind ein wunderbares Mittel, um Eintöpfe, Suppen und Pasteten aufzupeppen. Dabei gilt: je frischer, desto intensiver! Man kann Lorbeerblätter allerdings gut auch ein bis zwei Jahre aufheben. Danach ist dann endgültig Schluss mit dem guten Geschmack. Viele frieren daher die Blätter ein und nutzen sie bei Bedarf als Zugabe für Sauerkraut, Rotkohl und für Wildsaucen.
Ich habe Lorbeerblätter auch schon unter Hühnerhaut geschoben und unter einen Brotteig gelegt und sie dann mitgeschmort bzw. -gebacken. Das sieht schön aus, der Geruch, und vor allem der Geschmack können dann aber sehr intensiv sein. Also Vorsicht bei der Dosierung! Und spätestens vorm Servieren sollten die Blätter raus, denn sie geben noch lange nach dem Erkalten der Speisen ihr Aroma ab und sind einfach unzerkaubar.
Meine wichtigsten Lorbeer-Einsatzgebiete sind eindeutig die Rindssuppe und das Gulasch. Für die Suppe nehme ich ein bis zwei Kilogramm Markknochen, ein schönes Stück Suppenfleisch oder Tafelspitz, angekohlte Zwiebeln und, für die Farbe, Zwiebelschalen, dazu Karotten, Lauch, Sellerie, Wurzelpetersilie, Pfefferkörner, Salz – und ein bis zwei Lorbeerblätter. Die geben der Suppe einen ganz eigenen wunderbaren Unterton, einen Hauch von Zimt, Eukalyptus und Zitrone kann man dann herausschmecken. Ich koche alles langsam auf, schäume es ab und warte, bis das Fleisch weich wird. Wenn man eine sehr klare Suppe haben möchte, dann darf das Wasser nur simmern, aber niemals kochen.
Die Köchin Sarah Wiener stellt hier jeden Monat eine ihrer Lieblingszutaten vor. Heute: Lorbeer
Apropos kochen: Aus den Blättern lässt sich auch Tee machen, der hilft sehr gut gegen Bronchitis. Überhaupt wirkt Lorbeer antibakteriell, schleimlösend, verdauungsfördernd, appetitanregend … und vielleicht noch mehr. Angeblich kann der übermäßige Genuss von Lorbeer und seinen Früchten zu Halluzinationen führen. Ich bin da skeptisch. Beim einzigen Rausch, den ich jemals im Zusammenhang mit Lorbeer hatte, stand ein Kalbsbraten in weißer Lorbeersauce auf dem Tisch – mit passender Weinbegleitung. Aber das ist eine andere Geschichte.
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