Sarah Palin im Fernsehinterview: "Ich werde nicht den Mund halten"
Sarah Palin wehrt sich in einem Fernsehinterview nach dem Attentat von Tucson gegen Kritik an ihrer polarisierenden Rhetorik. Sie bleibt dabei: Ihre Gegner würden eine "Blutanklage" betreiben.
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WASHINGTON/PHOENIX afp | Die ultrakonservative US-Republikanerin Sarah Palin hat sich am Montag im TV-Sender Fox News erneut gegen den Vorwurf zur Wehr gesetzt, ihre polarisierende Rhetorik sei indirekt ein Auslöser des Attentats von Tucson gewesen. Palin sagte in ihrem ersten Fernsehinterview seit dem Blutbad zudem, dass sie sich noch nicht für oder gegen eine Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2012 entschieden habe. Erst zu einem späteren Zeitpunkt würde sie sich dazu genauer äußern.
"Ich werde nicht den Mund halten", betonte Palin. Es sei hierzulande das Recht aller, energisch aber auch respektvoll Ideen und Absichten zu diskutieren, so die Politikerin. "Ich werde diesen Pfad weiter voranschreiten. Und wenn das zu einer Kandidatur für das höchste Amt im Staate führt, dann werde ich das zu einem angemessenen Zeitpunkt ankündigen."
Stunden nach der tödlichen Schießerei von Tucson war Palin hauptsächlich von linker Seite dafür angegriffen worden, dass sie vor den vergangenen Kongresswahlen auf ihrer Webseite eine USA-Karte gepostet hatte. Darauf waren Wahlkreise von 20 demokratischen Mandatsträgern und -trägerinnen, zu deren Abwahl Palin aufgefordert hatte, mit einem Fadenkreuz markiert. Unter den Abgeordneten befand sich auch die in Tucson schwer verletzte Gabrielle Giffords, die Palin schon im Wahlkampf für diese Aktion kritisiert hatte.
Palin hatte sich auch schon in einer vor knapp einer Woche im Internet ausgestrahlten Botschaft gegen Schuldzuweisungen im Zusammenhang mit dem Attentat gewehrt. "Besonders in den Stunden nach einer solchen Tragödie sollten Journalisten und Kommentatoren keine Blutanklage fabrizieren", sagte sie damals.
Auf Fox News verteidigte Palin nun vor allem die Verwendung des umstrittenen Wortes "Blutanklage" (englisch "blood libel"). Sie habe damit lediglich zeigen wollen, wie manche Medienkommentatoren Unterstützer der Tea-Party-Bewegung für das Attentat von Tucson verantwortlich gemacht hätten, sagte Palin. "Die Aussage bedeutet, fälschlicherweise beschuldigt zu werden, Blut an den Händen zu haben und in diesem Fall ist auch genau das passiert", sagte sie. Insbesondere die angegriffenen Talkshowmoderatoren und Talkshow-Zuschauer hätten aber rein gar nichts zu tun mit einem verrückten, üblen Killer, der unschuldige Menschen tötet, so Palin
Das von Palin benutzte Wort "Blutanklage" ist theologisch besetzt. Es beschreibt in der Regel verleumderische Anklagen gegen religiöse Minderheiten, vor allem gegen Juden - etwa in Form von mittelalterlichen Ritualmordvorwürfen oder der Vorhaltung, Juden trügen Schuld am Tod von Jesus Christus. Palin war daraufhin vor allem von Juden in den USA kritisiert worden. Palin lobte schließlich Präsident Barack Obama für seine Rede bei der Trauerfeier für die sechs Todesopfer von Tucson am vergangenen Montag. "Ich dachte, dass Teile dieser Rede wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen haben". Andererseits bezeichnete sie die Trauerfeier als "ein bisschen bizarr". Diese habe sie stellenweise eher an eine Wahlkampfveranstaltung erinnert, die von der eigentlichen Botschaft abgelenkt hätte.
Giffords kann wieder lächeln
Die bei dem Anschlag in Arizona durch einen Kopfschuss schwer verletzte US-Abgeordnete Gabrielle Giffords kann unterdessen wieder lächeln. Ihr Ehemann, der Astronaut Mark Kelly, berichtete nach einem Besuch auf der Intensivstation am Montag im US-Fernsehsender ABC News zudem, seine Frau habe ihm sogar den Nacken massiert. Dass Giffords lächle, "bedeutet, dass sie ihn erkennt und dass sie vertrauter mit ihm umgeht", sagte Giffords behandelnder Arzt, der Neurochirurg Michael Lemole von der Universitätsklinik in Tucson. Giffords habe außerdem eine Augenoperation gut überstanden, sagte er. Dabei seien Knochenteile aus der Augenhöhle entfernt worden. Ihr Zustand sei nach der Operation so gut wie vorher gewesen.
"Das ist so typisch für sie. Sie liegt auf der Intensivstation, hat diese schweren Verletzungen, und massiert mir zehn Minuten den Nacken", sagte Giffords Ehemann. Er habe sie auch nicht davon abhalten können. Trotz dieser vertrauten Geste habe seine Frau aber noch "einen langen Weg vor sich, sagte Kelly.
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