Sanssouci: Betschlag
■ Römer 14 in Steglitz
Gute Christen leben exzentrisch, der Ursprung ihres Glaubens ist ein einfacher Tausch: Das eigene Ich rückt aus der Mitte ihres Lebens und kreist fortan um einen anderen Punkt – Christus. „So einfach – und doch so schwer“, befindet der Pfarrer der Matthäuskirche, Wildemann, und legt alle verfügbare Tiefe in seine Stimme. Die Schwierigkeit des rechtschaffenen Lebens ist vielgepredigte Sentenz, die Relativierung der Sündhaftigkeit bleibt jedoch ein schwacher Trost.
„Unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber“, schreibt der Apostel Paulus an die römische Gemeinde, „ob wir leben oder sterben, wir sind des Herrn.“ Pastor Wildemann klammert das Sterben ausnahmsweise aus – er mag nicht über Jenseits und Tod spekulieren. Mit kritischem Blick in die Geschichte seiner Kirche vermerkt er, dort habe man sich zu anderen Zeiten allzu reichlich mit dieser Thematik beschäftigt. Er selbst predigt lieber vom Hier und Jetzt, sucht für die Gemeinde nach dem Heil schon auf Erden – und wird fündig: „Christen müssen sich nicht allein durchschlagen durch die dunkle Welt; und übrigens, wohin denn?“, gibt Wildemann zu bedenken. Sie haben auch nicht nötig, sich allein auf beschränktes irdisches Wissen zu verlassen. Zur Bekräftigung zieht der Pfarrer weitere Bibelzitate zu Rate: „Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils“, verkündet das Evangelium an anderer Stelle. Vorausgesetzt, die entscheidende Wandlung, die Abkehr von der Egozentrik, ist vollzogen.
„Alles Unheil erwächst, wo die Distanz zur Mitte aufgehoben ist.“ Wer sich selbst zum Maßstab setzt, sich wissend, mächtig, unantastbar dünkt, richte Schaden an. Logische Konsequenz daraus: Trennung von Amt und Person sowie Machtbeschränkung. Und so ist denn auch diese Predigt zugleich tröstlich und politisch: Gewaltenteilung als eine der vielen Voraussetzungen für Glückseligkeit. Friederike Freier
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