Sanssouci: Vorschlag
■ Tanzplattform Deutschland – Vorauswahl für Paris
Acht Jahre ist es her, daß das alle zwei Jahre stattfindende, zuvor rein französische Tanzfestival Bagnolet (Paris) das erste Mal einen internationalen Wettbewerb ausschrieb. Inzwischen haben sich 327 Tanzgruppen aus 32 Ländern um eine Teilnahme beworben. Knapp 200 Gruppen hat eine international besetzte Jury ausgewählt, die auf Plattformen in 28 Ländern um das heiß ersehnte Ticket nach Paris konkurrieren. Ein Vorgang, der eher an Sport als an Kunst erinnert und in Deutschland dazu führte, daß sich manche der spannendsten Gruppen gar nicht erst um eine Teilnahme bemühten. Aber auf der „Tanzplattform Deutschland“, die dieses Jahr in Berlin stattfindet und die die rare Möglichkeit bietet, die interessantesten zeitgenössischen Tanzgruppen von Hamburg bis München in nur drei Tagen vor die Augen zu bekommen, sind die Verweigerer nicht ausgespart. „Die Idee“, so Nele Hertling, Intendantin des Hebbel Theaters, „ist weniger der Wettbewerb selbst als vielmehr der Festivalgedanke.“ Um auch die Skeptischen zu überzeugen, haben die deutschen Veranstalter neben der Plattform ein „Showcase“ eingerichtet, auf dem neben den acht im Wettbewerb befindlichen Gruppen noch acht weitere Kompanien ihre Arbeit zeigen. So muß man auf Wanda Golonka, die mit ihrer letzten Produktion „RCA-going to work“ heftig von sich reden machte, ebensowenig verzichten wie auf Arila Siegert, die mit „Fluchtlinien“ Aufregenderes zeigt als an der Komischen Oper.
Der eigentliche Wettbewerb findet heute im Hebbel Theater und morgen im Theater am Halleschen Ufer statt. Jeweils vier Gruppen zeigen einen rund 30minütigen Ausschnitt aus ihrer letzten Produktion. Eröffnet wurde das Festival gestern mit der Hamburger Gruppe COAX und „Drifting or 500 ways to bang your head“ – Subkultur in Reinform, die einem ordentlich die Nerven durcheinanderschüttelt: Eine permanent über die Bühne kreisende Metallskulptur läßt, „untermalt“ von hämmernden HipHop-Rhythmen, um das Leben der TänzerInnen fürchten. Amanda Miller, die sich nach acht Jahren bei William Forsythe vom Frankfurter Großmeister verabschiedet und mit „Pretty Ugly“ eine eigene Tanzkompanie gegründet hat, beglückt Berlin über die Teilnahme am Wettbewerb hinaus am 13. und 14.2. mit einem Gastspiel am Hebbel Theater. Wer sich nicht das ganze Mammutprogramm, das vom Nachmittag bis tief in die Nacht reicht, antun will, dem ist leider nicht zu raten: Jede Aufführungseinheit hält Extra-Bonbons bereit. Michaela Schlagenwerth
Bis zum 13.2. im Hebbel Theater, Theater am Halleschen Ufer, Tacheles und Tanzfabrik von morgens bis mitternachts.
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