Sanssouci: Nachschlag
■ Lope-de-Vega-Klamotte in den Kammerspielen des DT
Wie weit noch bis Buffalo? Foto: David Baltzer/Sequenz
Am Ende rapt sich die Hochzeitsgesellschaft an gedeckter Tafel ins Happy-End, johlt aus aktuellem Anlaß noch ein kurzes „oléee, oléoléoléee“, dann Blackout und großer Beifall. Keine Gegenstimme erhob sich, als die Regisseurin Katja Paryla die Bühne betrat. Man hatte gesehen: eine etwa 400 Jahre alte Mantel-und-Degen-Klamotte von Lope de Vega, flott und rhythmisch inszeniert zu Klängen etwa von Mano Negra, und nach kaum zwei Spielstunden war auch alles schon ausgestanden.
Ulrike Krumbiegel als zu verheiratende Tochter war mehrfach schluchzend über die Bühne gerannt, Simone von Zglinicki als ihre Mutter hatte wiederholt händeringend beteuert, „noch in voller Blume“ zu stehen, ein paar Lackaffen von Heiratsanwärtern wechselten Standbein und Spielbein, und ein echtes Theaterpferd mit charmanten Klimperaugen hatte über Volker Pfüllers hispanisierende Terrassenmauer gewiehert. Die reine Wer- kriegt-wen-Albernheit, ironisch chargierend dargeboten vom weitgehend disponierten DT-Ensemble – ein Sommerspaß, bei dem ein Stühlerücken gleich zur Polonaise gerät und Eva Weißenborn in der Textfassung von Klaus Laabs als Dienerin Lucia bei jedem Bühnen-Cross-over einen Kalauer parat hat.
Derlei hinterläßt einen ratlos an diesem Ort. Es ist ja nicht so, daß in unserem Staatstheater die Komik fehlte. Langhoffs Kleist- Inszenierungen zum Beispiel sind streckenweise doch ungemein komisch. Und auf intellligente Weise dazu. Und Lope-de-Vega- Dramen finden immer ihr Publikum, auch wenn sie etwas weniger hochrangig besetzt sein sollten. Eigentlich muß man es geradezu unkollegial nennen, daß Thomas Langhoff hochsubventioniert spielen läßt, was seinen Kollegen von den Privatbühnen eine ganze Saison retten könnte. Aber vielleicht probt er in vorauseilendem Gehorsam ja schon den Ernstfall eines maximalen Sparplans, sich buchstäblich an Lopes Motto haltend: „Hopla, mich trägt die Welle / hopla, mich trägt das Meer! / Hopla, ich lasse mich tragen, / ohne viel weiter zu fragen, / und dem Himmel will ich entsagen, / der doch nichts für mich wär'.“ Petra Kohse
„Der hat uns noch gefehlt“ von Lope de Vega; Regie: Katja Paryla; Ausstattung: Volker Pfüller; mit Uwe Dag Berlin, Ulrike Krumbiegel, Otto Mellies, Thomas Schmidt, Eva Weißenborn, Simone von Zglinicki u.a.; nächste Vorstellungen morgen und am 3.7., 19.30, Kammerspiele des Deutschen Theaters, Schumannstraße 13 a, Mitte.
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