Sanssouci: Vorschlag
■ „Titanic“-Comics in der Cartoonfabrik Köpenick ausgestellt
Ziege Rudolf will Förster werden. Aber wie, läßt er doch kein Fettnäpfchen aus. „Heißt der Förster erst mal Ziege, macht der Verstand sofort die Biege.“ Großspurig und kleinmütig steht er im Walde herum, wenn wieder einmal etwas schiefgegangen ist bei den roten Strolchen. Entsprechend flau ist der Wahlkampf in Waldeslust: „Es ist nicht ausgeschlossen, daß Ziege möglicherweise der bessere Förster sein könnte!“ – mit solchen Parolen lockt man kein Ameisenvolk aus dem Hügel.
Doch auch die anderen „roten Racker“ reißen's nicht raus. Kein Wunder. Sie alle knabbern noch an der verlotterten Kindheit, die sie gemeinsam im Friedrich-Ollenhauer-Heim absaßen. Da ist Johannes, das auf den Knien herumrutschende Schnabeltier, das „besser betet als Papst Paul“, aber bei der Bewerbung um das Waldmeisteramt durchfiel; der weinselige Dachs Oskar, der als penetranter Charmeur hinter Heidi Gans her ist; der ewig in seiner Höhle eingerollte Bär Wolfgang („Doch gibt es Honigsubventionen, hört Ossibär auf, sich zu schonen“); Ulrich der Fuchs, und Vogel, der von nichts träumt, als den ganzen Wald in eine Klarsichthülle zu stecken. Der Förster hingegen sitzt gelassen spachtelnd vor dem Forsthaus im Abendlicht. Wer im Walde Ärger macht, landet im Topf, ob das nun die arbeitslosen Ameisen sind oder Björn die Ente, die gelogen hat. Mit dem spirrigen Rudi die Wahlen gewinnen? Aussichtslos! Erst als die verzweifelten Strolche ihn an die Softeismaschine anschließen und nicht lockerlassen, bis er sich durch einen ganzen Bosnien-Hilfstransport gefressen hat, wendet sich das Blatt ...
Lustig, lustig, was sich die Comic-Autoren und -Zeichner Greser, Lenz, Schmidt und Zippert da für Titanic haben einfallen lassen, wo „Die roten Strolche“ jeden Monat erscheinen. Nun stellen sie ihr Werk zwischen Reisig- und Laubarrangements in der Köpenicker Cartoonfabrik aus. Doch soviel Trara, nur um uns wieder über Vogels Aktendeckel grinsen zu machen? Wissen wir nicht schon länger, wie fett unser Förster ist, und wie fromm Rau? Lauter verschlissene Witze: Kohls Kanzlerschaft währt einfach schon zu lange. Nur das brave Rentier Schäuble hat uns gut gefallen („Der kann noch nicht mal selber gehn. Das braucht ihn keineswegs zu kränken, denn er kann ausgezeichnet lenken.“): Erst dazu verdonnert, den Schlitten des Weihnachtsmannes Kohl zu ziehen, muß er sich schließlich draußen angepflockt einschneien lassen, während Förster und Försterin über den sozialdemokratischen Weihnachtsbraten herfallen. Jörg Häntzschel
Eröffnung mit „Titanic“-Leuten heute, 18 Uhr, Ausstellung dann bis zum 16.10., Cartoonfabrik, Bölschestr. 45a, Köpenick.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen