piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ Stefan Boog singt Arlen, Legrand, Porter and others

Als Stefan Boog die kleine Freilichtbühne im Prenzlberger Humannpark betritt, zupft Wolfgang Thierse erst aufgeregt an seinem Bart und unterbricht dann sogar sein Gespräch mit dem Bürger, so sehr scheint Boogs Gesang den SPD-Vorzeige-Ossi in den Bann zu ziehen. Der Open-air-Auftritt des 28jährigen sorgt endlich für Atmosphäre auf dem sonst recht unterkühlten Straßenfest, zu dem der lesbisch-schwule „Sonntagsclub“ eine Woche vor den Bundestagswahlen geladen hat.

Es sind der amerikanische Pop und Swing der fünfziger und sechziger Jahre, die Stefan Boog auch heute in seinem ersten abendfüllenden Programm in der Galerie Bellevue interpretieren wird: Songs von Arlen, Bacharach, Legrand und Porter. Eine gewagte Auswahl, vielleicht aber auch eine Marktlücke jenseits des üblichen Jazz und Deutschpops, jenseits der Schnulzen und des Technobeats der Homoszene – für seine kleine Fangemeinde wandelt Boog in Lovesongs lediglich das „she“ in ein „he“ um.

In der Szene hat er sich allerdings als Sänger einen Namen gemacht: Seine Brötchen verdient der Psychologiestudent im schwulen Buchladen „Bruno's“, und im Homo-Switchboard „Mann-O-Meter“ steht er hinter der Theke. Doch schon als kleiner Junge hat Stefan Boog von einer Karriere als Musiker geträumt, an der er nun seit einem halben Jahr ernsthaft zu basteln beginnt. Drei Jahre klassische Gesangsausbildung sollen schließlich nicht umsonst gewesen sein. Die Interpretation seiner „Badewannensongs“ zeigt einen eigenen, ausgefeilten Stil. Mit hellem Timbre und bisweilen rasantem Temperament gleitet Stefan Boog in die Melodien hinein, beherrscht das Spiel mit den Lautstärken perfekt und kann am Ende eines Songs seine Stimme schier endlos vibrieren lassen. Nur manchmal nuschelt er noch, das hohe f und g macht ihm gelegentlich zu schaffen, origineller werden müssen auch die Conférencen. Doch all die kleinen Schwächen macht Susanne Gulich wieder wett, die Stefan Boog am Piano begleitet. Die Profimusikerin hat schon für die Nachtigall von Ramersdorf gespielt – bei ihrem legendären Auftritt im Kino Babylon. Doch darüber spricht Susanne Gulich nur ungern, verrät nur soviel, daß Stefan Boog ein weitaus umgänglicherer und begabterer Partner sei. Dem ist nichts hinzuzufügen. Micha Schulze

Heute um 20.30 Uhr in der Galerie Bellevue, Flensburger Straße 11–13, Tiergarten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen