Sanssouci: Vorschlag
■ Brecht und Beckett - ein Vortrag von Hans Mayer im BE
1931 wird der frisch promovierte Jurist Hans Mayer dem damals schon berühmten Dichter der „Dreigroschenoper“ vorgestellt. Fast zwei Jahrzehnte später beteiligte sich der inzwischen als Professor für Literaturgeschichte nach Leipzig Berufene an der Auswahl von Texten für das erste Brecht-Sonderheft der Zeitschrift Sinn und Form. Auf die Begegnung von einst von Mayer angesprochen, kann sich Brecht beim besten Willen nicht mehr erinnern. Hans Mayer hat seit nunmehr einem halben Jahrhundert das Werk von Brecht mit einer Vielzahl von literaturwissenschaftlichen Arbeiten begleitet und auch über das Verhältnis Brechts zur Dramatik des Absurden geschrieben. 1973 ist er Tagungsleiter eines Kolloquiums der (West-)Berliner Akademie der Künste zum Werk von Samuel Beckett, des in Paris lebenden Iren. Über Brecht und Beckett spricht Hans Mayer am Montag im Berliner Ensemble, Ort der Uraufführung der „Dreigroschenoper“ und langjährige Wirkungsstätte von Brecht.
Auch wenn die beiden Dramatiker auf den ersten Blick sowohl gesellschaftspolitisch wie auch ästhetisch Repräsentanten von entgegengesetzten Richtungen waren, gibt es zahlreiche Berührungspunkte. Bei Durchsicht seiner frühen Stücke bemerkt Brecht 1954, ein Jahr nach dem Welterfolg von Becketts „Warten auf Godot“: „Ich sehe heute, daß mich mein Widerspruchsgeist dicht an die Grenze des Absurden geführt hat.“ Doch auch über das Frühwerk von Brecht hinaus gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten: das Spiel mit biblischen Wendungen, das Thema der Niederlage, der Bestialität des Menschen und die Parodie antiker und moderner Literaturformen. Käthe Rülicke-Weller berichtet, daß Brecht noch im Jahr seines Todes, 1956, Pläne für eine Bearbeitung von Becketts „Warten auf Godot“ hegte. Er wollte das Stück in Szenen aufteilen und im Hintergrund Filmszenen über die revolutionäre Bewegung in der Sowjetunion, in China und Afrika zeigen.
Von den Stücken Brechts hingegen hatten viele Autoren der Dramatik des Absurden keine besonders hohe Meinung. Bei Ionesco heißt es etwa: „Ich mag Brecht nicht, weil er didaktisch und ideologisch ist. Er ist nicht elementar, er ist unterentwickelt. Er ist nicht schlicht und einfach, er ist ein Vereinfacher.“ Peter Walther
Montag, 13.2., 19.30 Uhr, Berliner Ensemble, Bertolt-Brecht- Platz 1, Mitte.
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