Sanssouci: Vorschlag
■ So beglückend wie einst: M. Walking On The Water im Loft
Es war im letzten Winter, es war kalt in Krefeld, und Mike Pelzer hatte keine Heizung in seiner Wohnung. Und weil der Keyboarder und Gitarrist das eigene Studio einfach nicht mehr sehen konnte, beschloß er mit seiner Band, nach Louisiana umzuziehen, um die anstehende Platte dort aufzunehmen. Louisiana in den USA. Musiker müßte man sein. Dort fanden M. Walking On The Water Mangrovensümpfe, ein Studio namens „La Louisianne“ und so auch gleich einen Namen für ihre neue Platte. Aus Kostengründen wurde alles in nur sieben Tagen live eingespielt. Es gab keine High-Tech, sondern altes Röhrenequipment, einen Kontrabaß, einen Flügel und eine alte, vergammelte Couch, auf der vor ihnen lokale Cajun-Größen Platz genommen hatten. Es hat ihnen nicht geschadet.
Denn früher einmal waren M. Walking On The Water eine verquere, krude Folkband, die sich nicht scheute, ihren Schunkelrock mit wildem Gitarrenlärm so zu verfremden, daß selbst Pogues-Fans der ersten Stunden ihre Schwierigkeiten bekamen. Sie hüllten sich in Mullbinden und erschreckten das wartende Publikum, bevor sie auf die Bühne kletterten. Doch dann kam der Wechsel zur Industrie – und zum Wohlklang. Aber während sie auf Konserve fortan blutleer klangen, waren sie live trotzdem immer für einen versoffenen Abend mit Freunden gut. Wenn das Akkordeon erklang, drückten die Liebsten sich noch enger aneinander und wurde neue Liebe geboren. Wer zuviel getrunken hatte, trank noch mehr. Wer noch nüchtern war, den machte die Musik so besoffen wie glücklich. Es war ein Gefühl, als ob man im Morgengrauen als Vorletzter und doch allein eine Party verläßt, die nur eine halbe Stunde zuvor nie zu Ende zu gehen schien. Diese aufgedreht-traurige Atmosphäre vermittelt auch „La Louisianne“. Auf dieser Platte findet sich jene Spontaneität und Spielfreude wieder, die M. Walking On The Water auch auf der Bühne immer auszeichnete. Und das läßt hoffen, daß eine der hoffnungsvollsten deutschen Bands auch weiterhin zu allen Hoffnungen Anlaß gibt. Thomas Winkler
Heute, 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg
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