Sanssouci: Vorschlag
■ Ein letztes Gabba Hey: Abschied von den Ramones im Huxley's
„I don't wanna walk around with you, I don't wanna go down to the basement.“ Ja, auch die Ramones galten mal als gute nihilistische Punks; auch wenn ihr Punk-Rock stilistisch nie so aufregend war. Daß das letzte Album „Adios Amigos“ heißt, kommt nicht von ungefähr. Nach 22 Jahren ist Schluß – oder will jemand demnächst ein schwarzes Volkswagen-Modell „Ramones“ fahren? Den letzten Werbefeldzug in Sachen Gleichförmigkeit, Lederjacken und Dreiminutenstücke werden jetzt also präsentieren: Joey, der Mann mit dem Langhaarvorhang; Jonny, der schon immer da war; CJ (für Dee Dee, der ein Freund geblieben ist)
und Marky (lange schon für Tommy in der Band). Als Institution steht Familie Ramone für Kontinuität, ein Lifestyle-Denkmal.
Vor 22 Jahren waren es noch vier Jungs auf der Forest Hills High School. Tommy Ramone beschrieb die Band damals so: „Kids, die in Forest Hills aufwuchsen, wurden entweder Musiker, Degenerierte oder Zahnärzte. Die Ramones sind ein bißchen von allem. Wir sind damals zu den gleichen Konzerten gegangen, Slade, Glam-Rock und Rock 'n' Roll.“ Weil es sonst nichts zu tun gab, machten sie eine Band. Tommy, der sich in England vor allem für die Glamour Queenas, T. Rex und Sweet begeisterte, kam nach New York zurück und gründete mit Joey, der sich eher an härteren Jungs wie Iggy Pop und Alice Cooper orientierte, „Sniper“. Als Sniper traten sie mit Alan Vegas Band Suicide auf.
Seit Januar 1974 gibt es die Ramones. Eine Band, die an ihrem Vorhaben gescheitert war, andere Bands zu covern, und deswegen den ureigenen Ramones-Sound – vier Akkorde in drei Minuten – erfinden mußte. Punk Rock brach aus. Sie spielten mit Blondie im New Yorker CBGB. Alan Vega erinnert sich an den Auftritt: „Die Ramones waren umwerfend, unglaublich. Es ging ,one, two, three, four‘, dann riß eine Saite, und alle gingen von
der Bühne. Dann kamen sie zurück, und ,one, two, three, four‘
riß einem anderen eine Saite. Da gingen sie wieder von der
Bühne.“
Schon bald sollten sie Arenen füllen. Oder den Friedhof der Kuscheltiere für Stephen King besingen. Zum Abschied ist die Plattenfirma in ihrem Promotext genau auf der richtigen Spur: „Die Ramones, die am 9. Februar 1994 in Tokio ihre zweitausendste Live-Show (wieviel hatten denn Grateful Dead?) gefeiert haben, sind jedenfalls das vitalste Beispiel für in prägnanten Punkrock umgesetzte Lebensfreude.“ Dafür spricht eine Zeile, die heute noch auf die Anfangszeit verweist: „I don't wanna grow up.“ Die Sex Pistols machen dagegen mit ihrer angedrohten Reunion nur plastische Teenage-Chirurgie. Annette Weber
The Ramones, morgen, 20 Uhr, im Huxley's, Hasenheide 108-114
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen