: Sammler des Tages
Seit 20 Jahren sammelt der frühere Öffentlichkeitsbeauftragte der Berliner Landeskirche Versprecher, jetzt unter dem Titel „Vor Gott sind alle Menschen bleich“ im Münchner Claudius- Verlag erschienen. „Gerade auf der Suche nach dem treffenden Wort spielen sich offenbar im Wettlauf von Nach- und Vordenken sowie Aussprechen wahre Dramen ab“, stellt Walsdorff fest, der vor allem bei Funk und Fernsehen fündig wurde. Walsdorff notierte den „Pazierschweinzwang“ (Passierscheinzwang) und „fleischliche Weibergesellen“ (weibliche Fleischergesellen); er verfolgte, wie aus Gregor Gysi ein „Stasel- Spitzi“ wurde, die „Schonkost“ für Parksünder zu Ende ging und zwei Menschen bei „Banküberfällen“ ertrunken waren. Und selbst der Versprechersammler dürfte „beschüttert und erstürzt“ gewesen sein, als von der „frischgebratenen Ehefrau des Finanzministers“ die Rede war. Am liebsten aber geht der Pfarrer bei den Kollegen auf Jagd. „Hungert Deinen Feind, so speise ihn mit Durst“, lautete eine Weisung von der Kanzel. Pilatus „wusch seine Unschuld in Hände“; die Heiligen drei Könige brachten „Gold, Weihrauch und Möhren“, derweil sich die „Pariser und Schriftgelehrten“ versammelten. Aufgerufen wurde auch zur „Nächstenlüge“, und daß „die Eltern sich als ersten Sohn ein Kind wünschten“, das sollte nachdenklich stimmen.
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