: Salamitaktik gegen Berlin
■ Abbau der Berlinförderung beginnt am 1. Januar/ Gestrichen werden subventionierte Zinssätze und Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen
Berlin. In Bonn lassen sie die Katze aus dem Sack: Dienstag abend wurde im Bundeskabinett beschlossen, Teile der Berlin- und Zonenrandförderung schon ab 1. Januar 1991 abzubauen. Mit dem Senat sei der Termin nicht abgesprochen worden, sagte der Leiter des Senatorenbüros, Jürgen Colell, und weiter: »Der scheibchenweise Abbau ist keine Überraschung, wohl aber das Verfahren.« Der stellvertretende Sprecher des Senats, Hoßbach, erklärte, daß dieser Beschluß Teil der »Salamitaktik gegen Berlin« sei. Er forderte die Rücknahme, »bis alle Aspekte über den sozialverträglichen Abbau der teilungsbedingten Unterstützung« geregelt seien. Der frühe Termin, hieß es aus Regierungskreisen, sei notwendig gewesen, damit sich die Unternehmen mit dem Hinweis auf den Vertrauensschutz nicht auch im kommenden Jahr diese Förderinstrumente sichern. Die einschneidendsten Veränderungen wird die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen spüren. Denn Berlin soll bei öffentlichen Aufträgen nicht mehr bevorzugt behandelt werden.
Gestrichen werden auch die Sondervergünstigungen für Kredite aus dem Europäischen Aufbauprogramm (ERP) für gewerbliche Investitionen. Der mit einem Prozent subventionierte Zinssatz fällt weg, die Berliner und ostdeutschen Investoren müssen ab Januar einheitlich 7,5 Prozent bezahlen. Bestehende Anträge bleiben bis zum Ende der Laufzeit davon unberührt. Die ERP- Kredite werden kleinen und mittelständischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen DM gewährt. Eingeschränkt werden soll auch der Kreditrahmen. Die Obergrenze lag in Berlin bei einer Million, im Westen je nach Verwendungszweck niedriger. Mit der Einschränkung des Kreditrahmens fällt die Förderung von Großbetrieben in West-Berlin weg.
Die Einzelheiten des Abbaus der Berlin- und Zonenrandförderung sollen Anfang des Jahres in den Haushaltsberatungen festgelegt werden. Bundesfinanzminister Waigel (CSU) will vor allem zum 1. Juli 1991 die achtprozentige Arbeitnehmerzulage für Westberliner kürzen. CDU, SPD und der DGB haben bereits erheblichen Widerstand angekündigt. aku
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