Saisonstart im Männer-Eishockey: Spätes Bully
Die DEL hat als letzte Profiliga in Deutschland den Spielbetrieb wieder aufgenommen. Doch Eishockey ohne Publikum ist besonders traurig.
![Die beiden Eishockeyspieler Kammerer und Zalewski liegen beim Spiel bäuchlings auf dem Eis Die beiden Eishockeyspieler Kammerer und Zalewski liegen beim Spiel bäuchlings auf dem Eis](https://taz.de/picture/4579665/14/eishockey-1.jpeg)
In der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) wird wieder gespielt. Endlich, sagen die Profis aller 14 Klubs. Denn die DEL brach ihren Spielbetrieb am 10. März kurz vor den Playoffs als erste aller Profiligen wegen Corona ab. Und ist nun nach mehr als neun Monaten Pause die letzte, die in die neue Spielzeit gestartet ist. Erstmals unterteilt in eine Nord- und Süddivision, mit verringerten Etats, kürzerem Spielplan. Und ohne Zuschauer. Geistereishockey gab es vorher noch nie, und bereits im Auftakt-Derby in Köln, das die Haie am Donnerstag mit 4:5 nach Penaltyschießen gegen Düsseldorf verloren, wurde klar, dass es sich um eine gewöhnungsbedürftige Angelegenheit handelt.
An den Profis liegt es nicht, sie geben alles, in Köln war erstaunlich viel los auf dem Eis, eingerostet wirkte niemand. Die Veranstalter hatten sogar mehr als 1.000 Pappkameraden auf die Sitze der Halle gesetzt, die sonst 18.500 Besucher fasst. Das taugte immerhin für lustige TV-Bilder. Doch Eishockey lebt viel mehr noch als etwa der Fußball von der hitzigen Atmosphäre in den Arenen, von Pfiffen und Schmähungen, von den Fans, die nun in einer Fernbeziehung mit offenem Ende leben müssen.
Sich zu beklagen gehört qua Berufsehre jedoch nicht zum Repertoire der harten Jungs. „Dass wir keine Zuschauer haben, ist sehr, sehr schade. Unser Fokus liegt aber nicht darauf, über die Dinge zu jammern, die wir nicht ändern können“, sagt Haie-Coach und Chef-Pragmatiker Uwe Krupp. „Entweder du greifst das Ding an oder verkriechst dich.“ Immerhin sind alle Partien live bei einem Digitalsender zu sehen, der fast jeden Tag Eishockey anbieten kann, da die Spieltage auseinandergezogen worden sind.
Und man kann es auch positiv sehen: Lange Zeit war es nicht sicher, ob es der Liga gelingen würde, eine Saison auf die Beine zu stellen. Die DEL-Vereine bestreiten ihre Budgets sonst zu etwa 75 bis 80 Prozent aus Zuschauer- und Spieltagerlösen. TV-Einnahmen, die den Fußball auch in Krisenzeiten gut leben lassen, sind im Eishockey gering, jeder Verein erhält nur circa 200.000 Euro im Jahr.
Erst spät einigte man sich auf das Wagnis
Als sich abzeichnete, dass 2020/21 nur Geister-Eishockey möglich sein würde, wollten einige Klubs am liebsten gar nicht spielen. Und stattdessen bis zum nächsten Jahr in Kurzarbeit verharren. Erst spät im Herbst einigte man sich darauf, das Wagnis einer publikumsfreien Spielzeit einzugehen und Notbudgets aufzustellen.
Am schwersten fiel es den Haien, denn sie hatten in der vergangenen Saison mit einem Schnitt von mehr als 13.000 Besuchern die größten Ticketeinnahmen. Und sie müssen Miete an die Arena zahlen, die nicht der Stadt, sondern asiatischen Investoren gehört. Durch eine Spendenaktion kam mehr als eine Millionen Euro zusammen, sodass die Kölner mitmachen konnten. KEC-Spieler verzichteten zudem nicht nur auf die von der DEL bei der Lizenzierung geforderten 25 Prozent ihrer Gehälter, sondern auf bis zu 60 Prozent.
Nichts geändert für den Brause-Riesen
Am oberen Ende der Finanz-Skala steht der zweimalige Meister EHC Energie-Brause München, für den sich im Grunde nichts geändert hat, da er sein Geld vor allem von seinem österreichischen Besitzer bezieht. Wie in anderen Jahren startete die Mannschaft von Don Jackson im August in die Saisonvorbereitung, absolvierte 17 Testpartien und gewann dabei das Vorbereitungsturnier eines Sponsors. Natürlich ist München Favorit Nummer eins auf die Meisterschaft, direkt gefolgt von den Adlern Mannheim, die nach dem Brause-Team den bestbesetzten Kader aufbieten können. Dank der gewohnt generösen Unterstützung von Dietmar Hopp. Alles andere als ein Playoff-Finale zwischen München und Mannheim wäre eine Überraschung.
Aber so weit muss die Liga erst einmal kommen. Beim Vorbereitungsturnier mussten Berlin und Schwenningen ihre Teams aus dem Wettbewerb nehmen, da es mehrere positive Corona-Tests unter den Spielern gab. Alle Mannschaften überprüfen ihre Profis und Trainer nun dreimal pro Woche auf das Virus, damit sie im Zweifelsfall sofort reagieren können. Hohe fünfstellige Beträge lassen sich die Klubs die Testungen kosten. Auch hier ziehen die Spieler mit, ohne zu murren. „Wir sind alle sehr glücklich, dass wir wieder Eishockey spielen können, dafür haben wir lange gekämpft“, sagt Haie- und Nationalmannschaftskapitän Moritz Müller. „Wir machen das Beste aus der Situation, aber natürlich wünschen wir uns, dass bald wieder Fans in die Halle kommen können.“
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