Sächsischer Bericht zu NSU-Ermittlungen: „Zu keiner Zeit ein Gesamtbild“
Die sächsische Kontrollkommission sieht bei der verpatzten Suche nach dem Neonazi-Terrortrio systematisches Versagen. Linke-Politiker fordern eine konsequentere Analyse.
DRESDEN taz | In einem Bericht zur Rolle des sächsischen Verfassungsschutzes bei der Verfolgung der rechtsextremen NSU-Terrorzelle kommt die Parlamentarische Kontrollkommission des sächsischen Landtags PKK zu ähnlich kritischen Bewertungen wie zuvor die Thüringer „Schäfer-Kommission“.
Das Landesamt für Verfassungsschutz LfV habe „zu keiner Zeit über ein Gesamtlagebild verfügt“, stellte der Vorsitzende Günther Schneider (CDU) fest. Sowohl in der Zusammenarbeit mit Nachbarländern als auch sächsischer Behörden untereinander habe es „nahezu durchgängig keinen koordinierten und systematischen Informationsfluss gegeben“.
Insoweit gehe es um ein systematisches und weniger um persönliches Versagen, betont der am Freitag vorgestellte Bericht. Das Landesamt hätte fragmentarische Informationen selbstständig und mit mehr Nachdruck auswerten müssen. Zu den Forderungen der Kommission gehören deshalb verbindliche Regelungen zur Informationsstruktur auf Landes- und Bundesebene.
Der Bericht listet detailliert die Reaktionen während einzelner Ermittlungsabschnitte zwischen 1998 und 2000 auf. Nicht klären konnten die für die Kontrolle des Verfassungsschutzes zuständigen fünf Parlamentarier, warum die Suche nach dem Jahr 2000 abflaute und versandete. Sie schlossen jedoch aus, dass es eine Zusammenarbeit des Terrortrios mit dem LfV gegeben habe.
Das Minderheitenvotum der Linken-Abgeordneten Kerstin Köditz und André Hahn kritisiert vor allem die mangelhafte Analyse strategischer und struktureller Defizite im Landesamt für Verfassungsschutz. Beide vermissen eine Kritik der regierungsamtlichen Extremismusdoktrin, die rechte und linke politische Ränder gleichsetzt und auch Grundlage der Arbeit der Verfassungsschützer war und ist.
Unterschätzt und verharmlost
Das Landesamt habe außerdem strukturelle braune Vernetzungen wie etwa die von „Blood and Honour“ unterschätzt und verharmlost, lautet ein weiterer Vorwurf. Eine Problematisierung der „V-Leute“, der bezahlten Informanten aus der rechten Szene, vermissen die Linken völlig.
Die beiden Abgeordneten beklagen die begrenzten Rechte und Möglichkeiten der Kontrollkommission. Anders als von Schneider behauptet, bleibe unklar, ob der Verfassungsschutz Akten vollständig vorlegte. Oft sei man auf Recherchen von Journalisten angewiesen gewesen. Insgesamt kommen Köditz und Hahn zum Schluss, „dass die PKK durch das LfV in ihrer Arbeit bestenfalls zurückhaltend und teilweise nur widerwillig unterstützt worden ist“.
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