■ Kommentar: Sado-Maso-Methadon
Wer nicht hören will, muß fühlen, wie schmerzhaft der Methadon-Entzug ist. Und wer nicht pinkeln will, wenn der allwissende und allmächtige Herr Doktor Knastarzt es sagt, wird sich eben in Krämpfen winden müssen. Bei der pädagogischen Beugemaßnahme allerdings geht's den Medizinern nicht nur um den Urin allein. Sondern darum, wer der Herr im vergitterten Hause ist. Nämlich nicht der Justizsenator. Und nicht die Politik, die von CDU bis GAL Substitution für den richtigen Weg hält. Und schon gar nicht die Knast-Junkies, die von Doktors Gnaden ihre Methadon-Dosis erhalten.
Der Versuch, die substitutionsunwilligen Gefängnisärzten durch externe Mediziner zu ergänzen, die sich verantwortungsvoll um die Junkies kümmern, ist am Rechnungshof gescheitert. Wozu werden schließlich die Anstaltsärzte bezahlt? Ja, wozu eigentlich?
Selbst wenn der jüngste Fall von Mißhandlung durch Nichtbehandlung sich nicht bewahrheitet oder nicht beweisbar ist, die Vorwürfe gegen Weißbekittelte hinter Schloß und Riegel sind auch so schwer genug. Nicht um die Suchtkrankheit zu lindern scheinen die Knastärzte bemüht, sondern um die einzig richtige Botschaft zu verkünden: Nach Vernunft und Moral wäre die Enthaltsamkeit das Behandlungsmittel. Und weil es an idealen, vernünftigen und einsichtigen Junkie mangelt, werden andere Seiten aufgezogen. Jenseits des politischen Willens dieser Stadt. Denn selbst ist der Knastarzt. Und bei guter Führung gibt's vielleicht ein bißchen (r)unterdosierte Medizin: Sado-Maso-Methadon. Silke Mertins
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen