Sachsens Kultusminister: "Eine gewisse Gratiskultur"
Sachsens Kultusminister Wöller (CDU) will bei Bildungsausgaben strecken, umschichten und kürzen. Gespart werden soll nach seinen Vorstellungen bei den Hochschulen, mehr Geld sollen die Kleinsten bekommen.
taz: Herr Wöller, morgen treffen sich Bund und Länder und wollen über zusätzliche 13 Milliarden Euro für die Bildung verhandeln. Können sie ihre Versprechen halten?
Roland Wöller: In der jetzigen Situation sind Mehrausgaben in dieser Dimension schwer möglich. Bund und Länder müssen sparen. Man muss realistisch bleiben.
Das heißt, das Ziel, jeden zehnten Euro vom Bruttoinlandsprodukt in Bildung zu stecken, ist nicht mehr realisierbar?
Dieses Ziel werden wir wahrscheinlich nicht in der vorgegebenen Zeit erreichen. Ich rechne damit, dass es länger dauern wird.
Wann wird das Ziel erreicht?
Es kann sich durchaus drei bis fünf Jahre verschieben. Voraussetzung für eine zügige Umsetzung des Ziels ist die Bereitschaft des Bundes, den Ländern Umsatzsteuerpunkte abzutreten. Jeder sieht, dass die Länder Haushaltsschwierigkeiten haben.
Die Länder schaffen ihre Aufgaben nicht. Der Bund soll ihnen Blankoschecks ausstellen. Steht die Bildung am Ende nicht als Verlierer da?
Den Löwenanteil bei der Bildungsfinanzierung leisten die Länder. Die moralische Bindung beim Einsatz zusätzlicher Umsatzsteuerpunkte wäre meines Erachtens so groß, dass Länder, die Umsatzsteuerpunkte zur Konsolidierung ihrer Haushalte verwenden, am Pranger stünden. Das wäre politisch nicht durchzuhalten. Wenn aber der Bund den Anspruch hat, alles über einen Leisten zu scheren, ist das auch nicht effektiv. Jedes Land muss seine eigenen Schwerpunkte setzen. Wir setzen Schwerpunkte in der Lehrerausbildung, aber auch in der frühkindlichen Bildung. Für mich ist nicht allein entscheidend, wie viel insgesamt ausgegeben wird, sondern dass in Qualität investiert wird.
Wo wird Ihrer Meinung nach Geld im Bildungsbereich verschleudert?
Wir geben vergleichsweise wenig Geld in der frühkindlichen Bildung und Erziehung aus. Dabei kommt es auf den Anfang an. Da sind sich alle Wissenschaftler einig. Wir geben allerdings viel Geld am Ende der Bildungskarriere beispielsweise in den Hochschulen aus. Das ist ein Missverhältnis. Das Geld wäre besser angelegt, wenn wir uns auf den Anfang konzentrieren.
Sie wollen bei den Hochschulen kürzen und stattdessen in Kindergärten investieren?
Man muss darüber nachdenken, Geld umzuschichten. Wir haben eine gewisse Gratiskultur in Deutschland. Wenn ich staatliche Leistungen kostenlos anbiete, habe ich noch nicht in die Qualität investiert.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Wahlkampf in Deutschland
Rotzlöffeldichte auf Rekordniveau
+++ Die USA unter Trump +++
Trump entlässt den Generalstabschef der US-Streitkräfte
Regierungsbildung nach Österreich-Wahl
ÖVP, SPÖ und Neos wollen es jetzt miteinander versuchen
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“