Sachsens Kultusminister über Pisa-Erfolg: "Wir Sachsen gehen einen eigenen Weg"
Gute Lehrer und ein zweigliedriges Schulsystem machen den Pisa-Erfolg aus, so Sachsens Kultusminister.
taz: Herr Wöller, Sachsen ist nationaler Pisa-Champion. Wie kommt das?
Roland Wöller: Das ist ein Mix von Gründen: So haben wir eine sehr engagierte Lehrerschaft, die in den schwierigen Zeiten der Transformation mitgezogen hat. In der Grundschule haben sich die Schülerzahlen seit 1990 fast halbiert, in der Mittelschule und im Gymnasium gelten heute noch Teilzeitregelungen.
Welche Rolle spielt das Erbe der DDR?
Es verblasst, aber 80 Prozent unserer Lehrer sind noch in der DDR ausgebildet worden. Die fachdidaktische Ausbildung in der DDR hatte ein hohes Niveau. Zum anderen sind wir in Sachsen einen eigenen Weg gegangen: Wir haben auf stabile Rahmenbedingungen gesetzt mit einem zweigliedrigen Schulsystem, dessen Herzstück die Mittelschule ist. Haupt- und Realschule sind unter einem Dach vereint. So gelingt es uns, die kompetenten Schüler zu fördern und lernschwache mitzunehmen. Mehr als die Hälfte der Schüler eines Jahrgangs erreicht den Realschulabschluss, das ist die höchste Quote in Deutschland. Und unser Schulsystem ist chancengerechter, die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft ist deutschlandweit am geringsten.
Mit einem Migrantenanteil von knapp 3 Prozent an der Schülerschaft hat Sachsen auch gute Voraussetzungen.
Das spielt eine gewisse Rolle, aber wenn man den Migrantenanteil herausrechnet, ändert sich das Ergebnis nicht wesentlich. Und auch in Dresden gibt es Grundschulen mit 20 Prozent Migrantenanteil.
Sechs Prozent der sächsischen Schüler lernen an Förderschulen. Stärken Sie das Mittelfeld, indem Sie die Schwächsten aussortieren?
Auch Sonderschüler haben am Pisa-Test teilgenommen.
Nur eine Schule.
Gut. Aber generell setzen wir auf Integration. Förderschüler werden nicht nur in Förderschulen betreut, sondern auch im normalen Unterricht.
Welche Rolle spielen Naturwissenschaften im Unterricht?
Wir legen großen Wert auf experimentelles und praktisches Lernen. Dreißig Prozent der Stundentafel sind dem naturwissenschaftlichen Unterricht gewidmet, bis zum Abitur darf kein Fach abgewählt werden.
INTERVIEW: ANNA LEHMANN
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