Sachsens CDU-geführte Regierung: Verlierer empfiehlt Verlierer

Michael Kretschmer musste seinen Wahlkreis an die AfD abtreten. Nun schlägt ihn Noch-Ministerpräsident Tillich als Nachfolger vor. Wer ist der Mann?

Michael Kretschmer und Stanislaw Tillich

Stanislaw Tillich umarmt den Neuen Foto: dpa

BERLIN taz | Es grenzt schon an Hybris, wen sich der Noch-Ministerpräsident Stanislaw Tillich als Nachfolger auserkoren hat. Michael Kretschmer, grandios gescheiterter CDU-Politiker, soll der nächste sächsische Ministerpräsident werden. Ein Verlierer empfiehlt also einen anderen Verlierer. In der AfD, die bei der Bundestagswahl die CDU als stärkste Partei abgelöst hat, werden sie ihr Glück kaum fassen können, so offensichtlich ist das Unvermögen der Sachsen-CDU, sich personell zu erneuern.

Michael Kretschmer, der Mann mit dem roten Haar und dem oft schwermütigen Blick, hat in diesem Bundestagswahlkampf seinen Wahlkreis an einen AfDler verloren. Und das nach satten 49,6 Prozent der Erststimmen 2013. Einen „ordentlichen Magenschwinger“ hat Kretschmer das danach gegenüber der Welt genannt. Der Vorgang ist um so dramatischer, als Kretschmer nicht nur Chef der sächsischen Landesgruppe war, sondern sogar Vizefraktionschef der Unionsfraktion im Bundestag.

Nun soll also mit Kretschmer jemand die Dresdner Staatskanzlei übernehmen, der nicht einmal ein politisches Mandat hat. Ein Amt hat er zwar – seit 2005 ist er Generalsekretär der sächsischen CDU –, aber im Landtag saß er nie. Statt dessen ab 2002 im Bundestag, das durfte man getrost eine Turbokarriere nennen.

Ein politischer Hardliner

Michael Kretschmer ist Fleisch vom Fleische der Sachsen-CDU. Mit nur vierzehn Jahren wurde der gebürtige Görlitzer Mitglied der Jungen Union. Nach einer Elektroniker-Ausbildung machte er das Fachabitur und studierte in Dresden Wirtschaftsingenieurwesen. Er ist unverheiratet und hat zwei Kinder.

Politisch ist Kretschmer ein Hardliner. Vor Jahresfrist stellte er in Berlin gemeinsam mit anderen Ultrakonservativen Unionspolitikern einen „Aufruf zu einer Leit- und Rahmenkultur“ vor. Schon damals reklamierte die Gruppe um Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) einen „Alleinvertretungsanspruch Mitte-Rechts“ und die „Solidargemeinschaft der Nation“. Bei der diesjährigen Abstimmung über die Ehe für alle stimmte Kretschmer gegen das neue Gesetz. Er nannte das selbstbewusst „eine Gegenstimme zu diesem Schauspiel, das wir jetzt erleben“.

Sein ausgestellter Rechtskonservatismus hat ihm nichts genützt. Bei der Bundestagswahl holte ein No-Name von der AfD seinen Görlitzer Wahlkreis. Der Mann heißt Tino Chrupalla und ist Malermeister. Kretschmer soll das sehr nahe gegangen sein. Aber die Niederlage mündet nun wohl in einen Neuanfang. Mit 42 Jahren wäre er einer der jüngsten Regierungschefs.

Es wird interessant zu beobachten, wo er versuchen wird, die Verantwortung für das Sachsen-Desaster abzuladen. Ein schneller Effekt wäre natürlich, auf Merkel als Bundesvorsitzende zu zeigen. Aber vielleicht hat Michael Kretschmer auch Lehren daraus gezogen, dass seine CDU verliert, wenn sie Rechte nachahmt.

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