■ SURFBRETT: Meßdiener mit Salatbesteck
Gelb, rot und tiefblau wie im Buchladen kommt das Haus Langenscheidt auch im Internet daher. Sein Angebot unter http:// www.langenscheidt.de/ läßt sich nicht lumpen. Der Traditionsverlag sieht die Zeichen der Zeit so, wie er sie versteht. Ein Irokesenkopf steht für den Link zum „Schülernetz“, eine wehende Fahne für das neue Online-Wörterbuch. Ob die Sterne auf den blauen, roten und nicht gelben, sondern weißen Bändern auf die USA oder doch eher auf die EU hinweisen, ist auf dem winzigen Bildchen nicht zu erkennen. Das ist nicht wichtig, denn der Langenscheidt-Verlag teilt uns voller Begeisterung über seine eigenen Werke mit, daß „Sprachen verbinden“.
Ein schöner Satz, nur verdient der Verlag sein Geld leider damit, daß er nicht zutrifft. Sprachen verbinden nicht, sie trennen. So manche Urlaubsliebe ist daran gescheitert, daß Langenscheidts Reiseführer am Ende nicht ganz ausgereicht hat. Vielleicht kommt man sich jetzt am Bildschirm näher, beim gemeinsamen Eintippen von Suchbegriffen in Langenscheidts deutsch-englisches Wörterbuch im Cyberspace.
Den Käsekuchentest besteht die Datenbank in wenigen Sekunden. Sie bietet als Übersetzung „cheesecake“ an. Ob damit die Völkerverständigung voranschreitet, muß dennoch bezweifelt werden. Die Rückübersetzung ergibt, daß mit „cheesecake“ auch die „Zurschaustellung weiblicher Reize, besonders für Fotografen“ gemeint sein kann.
So was kann böse enden. Eigentlich ging es um das süße Stückchen zum Kaffee am Nachmittag – und dann das. Glücklicherweise sind im Internet alle ein bißchen nachsichtiger als draußen in der feinen Gesellschaft. Der Netslang ist nun mal kein Shakespeare, gerade deshalb wäre aber manchmal eine kleine Übersetzungshilfe willkommen. Doch weder im englischen noch im deutschen Lexikon kommt auch nur das Wort „Internet“ vor.
Vielleicht liegt das daran, daß dieses Wort nicht übersetzt werden muß. Im Internet sind alle miteinander verbunden, auch wenn sie kein Wort verstehen. Langenscheidt kann ihnen nicht helfen – selbst der „Browser“ ist in beiden Sprachen der Langenscheidtschen Welt unbekannt. Dabei hätte man so gern erfahren, was gerade dieses seltsame Wort bedeutet. Ergebnis der Suchanfrage: „nicht gefunden“.
Wahrscheinlich liegt es am Server. Denn für dieses Wort kennt Langenscheidt drei deutsche Bedeutungen: „Salatbesteck“, „Meßdiener“ und (beim Tennis) „Aufschläger(in)“. niklaus@taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen