■ SURFBRETT: Was bei Männern herauskommt
Das Internet macht schlau, das unterscheidet es wahrscheinlich heute noch am deutlichsten vom Fernsehen. Dort wird höchstens einmal in der Woche über Bücher berichtet, und meistens dann, wenn fast niemand mehr hinschaut. Was soll man auch machen mit einem Buch im Fernsehen? Websites von Buchverlagen dagegen gehören zu den Besten ihrer Art. Das ist kein Zufall, denn der Computer ist fast so gut wie ein Buch. Man kann die Telefonleitung abschalten und dann in aller Ruhe lesen. Das haben Buchverlage begriffen und bieten online Stoff zum Schmökern. Der Eichborn Verlag hat sich noch mehr überlegt. Er pflegt gedruckt die leichte Kost und hat seine Website (www.eichborn.de) deshalb zu einer Art Bildschirmkabarett ausgebaut. Es kalauert hier und albert dort und erreicht im Fall des Eichborn-Renners „Aldidente“ manchmal fast ein Loriotsches Niveau.
Vivien Marx allerdings würde den Unterschied zwischen Fernsehen und Web etwas anders beschreiben. Sie hat sogenannte Themenabende bei arte gestaltet. Auch das ist Fernsehen, wenn auch kein typisches, und jetzt hat sie auch noch den Georg-von-Holtzbrinck-Preis für Wissenschafts-Journalismus gewonnen. Zur Zeit sitzt sie als Fellow am MIT in Boston. Für den Eichborn Verlag ist so etwas eigentlich ein bißchen viel aufs Mal, aber bei Vivien Marx' Buch hat er eine Ausnahme gemacht. Im Sortiment und auf der Website. Es heißt schlicht „Das Samenbuch“ und handelt davon, was beim Menschen gelegentlich herausfließt, nicht nur bei den Männern übrigens, sondern danach auch bei den Frauen und natürlich immer genau dann, wenn es ihnen peinlich ist. Auf dem Tennisplatz zum Beispiel.
So schreibt Vivien Marx drauflos und vermittelt nach Meinung der Preisrichter dennoch gediegenes Sachwissen (www.eichborn.com/wb/sa/). Sie haben recht. Am 5. Dezember findet in Berlin die Verleihung des Holtzbrinck-Preises statt. Nur läßt sich Vivien Marx von solchen, mutmaßlich steifen Veranstaltungen überhaupt nicht beeindrucken. Sie will mit den Männern reden und scheint einen Teil ihrer Erkenntnisse aus den feuchten Briefromanen im Internet gewonnen zu haben. Deswegen hat sie auch auf Eichborns Website ein Forum eingerichtet. Es geht ebenfalls nur um die eine Sache, die den Männern einfach nicht aus dem Kopf will. Aber manches will ihnen ja auch nicht rein in den Kopf. Warum wird die Ejakulation auch in Pornofilmen als Höhepunkt dargestellt? Fragt Vivien Marx und meint, das Thema habe archaische Züge. niklaus@taz.de
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