piwik no script img

■ SURFBRETTGeheimagenten wie du und ich

Das Internet hat eine alte Militärwissenschaft populär gemacht: die Kryptographie. Wer elektronische Briefe versendet, sollte wisssen, was damit gemeint ist: Die Verschlüsselung einer elektronischen Nachricht ist ungefähr das, was bei einem Brief aus Papier der Briefumschlag ist.

Damit sind allerdings schon fast alle Ähnlichkeiten mit der Schneckenpost erschöpft. Schon Briefumschläge haben keinen Spion ernsthaft behindert, doch elektronische Briefe könnte man nun gleich als Flugblatt drucken. Gegen die Schnüffler im Netz hilft nur noch die Waffe der Schnüffler: ein Code, der die Nachricht beim Absenden in ein unverständliches Zeichenchaos verwandelt.

Nicht mehr die Nachricht muß dann geheim bleiben, sondern nur noch der Code. Er kann aus einer simplen Ziffernreihe bestehen, nach deren Vorgabe jeweils Zeichen durch andere ersetzt werden. Je länger die Reihe ist, desto schwieriger ist es, sie zu erraten. Und Mathematiker haben entdeckt, daß das Produkt von Multiplikationen nur mit einem extrem hohen Rechenaufwand wieder in seine Faktoren zerlegt werden kann.

Das war die Stunde von Phil Zimmerman und seines legendären Programms „Pretty Good Privacy“. Alles, wirklich alles, was man drüber wissen kann, ist im Web zu finden. Unter der Adresse sun1.bham.ac.uk/N.M.Queen/pgp/pgp .html hat Nat Queen eine sehr gute Linkliste für Texte zusammengestellt, die das Prinzip für Laien erläutern. Es ist so einfach, wenn man es einmal verstanden hat: Ich schicke dir einen wüsten Zeichenhaufen, mit dem du deine Nachricht verschlüsselst. Das unverständliche Zeug ist eine binäre Ziffernfolge. Weder sie noch deine Nachricht ist geheim. Du schickst mir nun auch deinen öffentlichen Code, mit dem ich meine Nachricht verschlüssele, und schon kann niemand mehr lesen, was wir uns schreiben – es sei denn, er schafft es, unsere öffentlichen Codezahlen in ihre Faktoren zu zerlegen. Wenn sie lang genug sind, brauchen dafür alle bekannten Computer der Welt ein paar Millionen Jahre. Bei mir und dir zu Hause geht es viel schneller, denn nur wir, du und ich, haben jeweils die richtige Lösung auf der Festplatte gespeichert.

Ein geniales Verfahren, das die Polizeiminister in aller Welt schier um den Verstand bringt. Das Schärfste, was sie ihren Superagenten zur Verfügung stellen können, ist kostenlos aus dem Web zu holen. Und inzwischen gibt es Programme, die so gut funktionieren, daß man schon wieder vergessen darf, was Kryptographie eigentlich ist. niklaus@taz.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen