SPORTPLATZ : Glatter Sieg bei alten Freunden
FUSSBALL Zweitliga-Spitzenreiter Hertha BSC gewinnt mit 6:2 beim abstiegsbedrohten Karlsruher SC
Mitten in Karlsruhe, am Durlacher Tor, steht ein großer Markierungsstein. Er zeigt die Entfernung von Karlsruhe nach Berlin an: 700 Kilometer sind es von hier bis zum Ku’damm. Ein paar Meter weiter spuckten die Straßenbahnen schon am Sonntagvormittag hunderte Herthafans aus. Gut 3.000 waren es beim Anpfiff dann wohl, die die 1.400 Kilometer für Hin- und Rückweg auf sich nehmen. Die beiden Fangruppen eint seit 1976 eine freundschaftliche Beziehung, die offenbar so weit reicht, dass vor dem Anpfiff im Wildparkstadion Frank Zanders Hertha-Hymne „Nur nach Hause gehn wir nicht“ gespielt wurde.
Auf dem Platz war es mit der Freundlichkeit der Gastgeber aber zunächst vorbei. Die 20.823 Zuschauer sahen eine abwechslungsreiche Partei zweier Teams, die sich eine Halbzeit lang auf ähnlich hohem Niveau begegneten, ehe der KSC beschloss, die Sportart zu wechseln.
In der vierten Minute prüfte KSC-Kapitän Alexander Iashvili Gästekeeper Maikel Aerts zum ersten Mal und bleib auch danach gefährlich. Die Hertha kam erst allmählich besser ins Spiel. In der 41. Minute schnappte sich KSC-Offensivmann Delron Buckley den Ball zum Freistoß und zog ihn zum 1:0 ins Netz. Ob der Ball dort auch gelandet wäre, wenn nicht zuerst Herthas Ronny und dann Cristea abgefälscht hätten, ist indes fraglich.
Als die Hertha- Spieler in die Kabine trotteten, war der Rückstand allerdings nur eine von zwei schlechten Nachrichten. Schon Mitte der ersten Halbzeit blieb U-21-Nationalspieler Sebastian Neumann nach einem brutalen Foul von Cristea liegen. Der endgültige Befund wird erst für den heutigen Montag erwartet. Die zweite Halbzeit aber verlief dann ganz im Sinn der Gäste. Schon kurz nach Wiederanpfiff durfte sie erstmals jubeln. Und bis zum Abpfiff gab es insgesamt gleich sechs Hertha-Treffer. Den ersten erzielte Raffael nach einem spektakulären Sololauf in der 47. Minute.
Kurz darauf dann die Führung für Hertha, die der Gast umgehend aufbaute. Beim ersten Treffer diente der kurz zuvor eingewechselte Patrick Ebert als Vorbereiter, für den Vollzug sorgte Ronny (64.), ehe Raffael kurz darauf das 3:1 erzielte (66.). „Da geht er durch vier Mann durch“, ärgerte sich KSC-Coach Uwe Rapolder, „man sieht da aber auch die große Klasse der Hertha-Spieler.“
Dilettantische Platzherren
Die Berliner hatten sich die Führung zu diesem Zeitpunkt tatsächlich verdient, profitierten aber auch vom schlichtweg dilettantischen Defensivverhalten der Platzherren, die sich auch beim 1:4 reichlich konsequent blamierten. Der Pass von Lasogga segelte jedenfalls durch den Fünfmeterraum, ehe Ramos am anderen Pfosten einschoss (72.).
Längst waren im weiten Rund nur noch die Gesänge der Herthafans zu hören. Das änderte sich nur kurzzeitig, als Cristea mit einem direkt verwandelten Freistoß auf 2:4 verkürzte (83.). Kurz darauf stellte Ramos den 3-Tore-Abstand wieder her. Als kurz darauf Ronny den 2:6-Endstand markierte, hatten sich 17.000 KSC-Fans längst in Galgenhumor geflüchtet: „Einer geht noch rein“, skandierten die Karlsruher. Der Wunsch blieb unerfüllt.
„Irgendwann hatte man das Gefühl, der KSC hat sich ergeben“, stellte Lell fest, „wir haben die Tore aber auch schön herausgespielt.“ Auch sein Trainer Markus Babbel hatte ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen: „Wir haben uns in der Halbzeit gesagt, dass wir mehr Druck erzeugen müssen, und haben das Spiel dann verdient gewonnen.“
CHRISTOPH RUF