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SPD würgt an „Betonwurst“

■ Senats-Beschluß zur Stelzenautobahn relativiert, Daimler-Tunnel vertagt

Geht es nach der SPD-Fraktion in der Stadtbürgerschaft, sollen irgendwann, irgendwo, irgendwie irgendwelche Straßen gebaut werden. Das ist das Ergebnis der Aktuellen Stunde, die die Grünen gestern in der Bürgerschaft zu den jüngst vom Senat in die Diskussion gebrachten Großprojekte beantragt hatten. Ausgangssituation der Diskussion: Der Senat hatte in der vergangenen Woche eine Autobahn auf Stelzen durch die Neustadt beschlossen. Heute sollte ein Beschluß zum Daimler -Tunnel durch Hemelingen gefaßt werden. Zu beiden Projekte hatte der SPD-Landesvorstand eine abweichende Haltung formuliert.

Reinhard Barsuhn, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD, blieb es vorbehalten, Pfade durch das Beschlußdickicht zu suchen. Einvernehmen herrscht zwischen Bausenator Konrad Kunick und der SPD-Fraktion, daß im Bremer Süden „eine leistungsstarke Straße fehlt“. Insofern hat der Senat für Barsuhn mit dem Stelzenautobahnbeschluß „Führungsqualitäten bewiesen“. Die Trassenführung sei allerdings mit dem Beschluß noch nicht festgelegt. Barsuhn: „Mir dreht sich bei dieser Betonwurst der Magen um.“ Bei den weiteren Planungen sollten alle möglichen Trassen untersucht und erst danach entschieden werden, welche Trasse es denn nun sein soll. Und auch Kunick relativierte die Senatsentscheidung: Der Senat habe den „Planungsauftrag des Bundes“. Alle Alternativen würden weiter in der Planung gehalten. Kommentar von FDP -Bausprecher Heinrich Welke zur SPD-Fraktion: „Wir wissen nicht, was wir wollen, aber das mit Nachdruck.“

Gleiches gilt für den Daimler-Tunnel, der seit 1978 geplant wird. Bausenator Konrad Kunick verriet, daß der Senat die für gestern angekündigte Senatsentscheidung in den Juli verschoben habe. Kunick: „Wir wollen dem Diskussionsbedarf entgegenkommen. Das darf nicht mit Unentschlossenheit verwechselt werden.“ Und Fraktionssprecher Barsuhn erklärte, daß voreilige Einzelentscheidungen nicht gefragt seien und verlangte, die mögliche Ausweisung der Osterholzer Feldmark zum Wohn- oder Gewerbegebiet, den weiteren Ausbau des Mercedes-Werkes und ein Park&Ride-Angebot für die Daimler -Arbeiter mitzubedenken.

Irmgard Jahnke von den Grünen warf dem Senat vor, „verzweifelten Bürgern“ zehn Jahre lang nichts anderes angeboten zu haben als mehr Verkehr. Für die CDU signalisierte Helmut Pflugradt Unterstützung für Kunicks Betonpläne. Und FDP-Sprecher Welke hielt der SPD zwei Jahre alte Zitate vor, mit der baldige Entscheidungen angekündigt worden waren. An solchen Ankündigungen fehlte es auch gestern nicht. Barsuhn dazu: „Noch diese Legislaturperiode.“

hbk

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