: SPD und Statt Partei im gestreckten Galopp
■ Wegner gab allen Voscherau-Essentials zu Verkehr und Hafen seinen Segen
Vorweihnachtlicher Frieden lag auf dem Gesicht von Henning Voscherau: Die Statt Partei hatte ihm gestern im Rathaus wahrlich einen übervollen Gabentisch gedeckt. Schon bei den ersten offiziellen Koalitionsgesprächen zwischen der Wählervereinigung und den SozialdemokratInnen konnte der Bürgermeister sich entspannt im Sessel zurücklehnen: Die Statt Partei-Delegation um Fraktions-Chef Markus Wegner hatte in dem dreieinhalbstündigen Gespräch alle Eckpunkte des Bürgermeisters in den Bereichen Verkehr und Hafen widerstandslos geschluckt.
Ob Hafenerweiterung Altenwerder oder Ortsumgehung Finkenwerder, Vertiefung der Unterelbe oder 4. Elbtunnelröhre – kein Protest aus der Protestpartei erhob sich gestern zu Voscheraus Wunschliste von Großprojekten, an deren Festhalten die Koalitionsgespräche mit der GAL vor zwei Wochen gescheitert waren. Ein winziger Hauch von Bewegung lag einzig in der Frage der Erhaltung Moorburgs: Hier habe man sich auf eine Verlängerung von zehn Jahren geeinigt. Bis 2015 sollen die MoorburgerInnen dort noch von Baggern unbehelligt leben dürfen.
Auch auf die Frage nach der Form der künftigen Regierung – ob Koalition oder Tolerierung – antwortete Wegner butterweich: „Das Wort feste Koalition haben wir unsererseits vermieden.“ Und der Bürgermeister soufflierte beflissen: „Es kommt nicht auf den Namen des Kindes an, sondern darauf, ob wir verläßliche Mehrheiten und eine funktionierende Arbeitsfähigkeit sichern können.“ Erst werde man über die Inhalte diskutieren, so Wegner sibyllinisch, und am Ende über die Form – das gelte auch für die Frage, ob „die Statt Partei unabhängige Personen in den Senat entsendet oder auch nicht“.
Sollten die beiden Delegationen weiter in diesem Tempo durch Hamburgs Politikfelder galoppieren, dann könnte der Senat tatsächlich bereits am 15. Dezember neugebildet werden. Ob der jetzige, wie Wegner es wünscht, komplett zurücktritt und neu gewählt wird, blieb gestern offen. “Der Senat sieht das sehr gelassen, ohne in irgendeiner Weise an seinem Stuhl zu kleben“, so Voscherau. Und wieder sichtlich zufrieden mit sich sein Schlußsatz: „Am Ende wird zusammengezählt“. Morgen gehen die Delegationen in die nächste Runde.
Rechtliche Schritte gegen den Namensklau kündigte der neue Hamburger Statt Partei-Chef Dieter Brandes gestern an. Die niedersächsische „Partei der Nichtwähler“ hatte sich kurzerhand des Namens „Statt Partei“ bedient und ihn für eine bundesweite Partei angemeldet. Das wollen die Hamburger sich keinesfalls gefallen lassen, so Brandes. Sannah Koch
Alles Gute kommt von oben, auch der Segen der Statt Partei: Henning Voscherau und Markus Wegner Foto: Henning Scholz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen