SPD und Olympia: Wowereit fackelt nicht lange
Sollen Berlins Politiker Olympia boykottieren? Die Opposition sagt Ja und will tibetische Flaggen hissen. Die SPD hält das für "verlogen" und plant eine Reise des Regierenden.
Die Frage klingt einfach, doch die Antworten könnten unterschiedlicher kaum sein: Wie gehen Senat und Abgeordnetenhaus richtig mit den Olympischen Spielen in Peking um? Sollen Berliner Landespolitiker wegen der Niederschlagung der Proteste in Tibet China meiden? Die geeinte Opposition fordert einen Boykott durch Parlament und Senat, Rot-Rot hingegen will den Regierenden Bürgermeister zur Kontaktpflege reisen lassen.
Die Oppositionsfraktionen von CDU, Grünen und FDP wollen den Senat in der Abgeordnetenhaussitzung am heutigen Donnerstag zur Entscheidung zwingen. Sie stellen einen gemeinsamen Antrag zur Abstimmung, in dem sie fordern, keinen Vertreter von Parlament oder Senat zu den Olympischen Spielen reisen zu lassen. Darüber hinaus wollen sie eine Abgeordnetenhausmehrheit dafür gewinnen, "am 19. und 20. Juni 2008 aus Anlass der Ankunft der olympischen Flamme im tibetischen Lhasa" an öffentlichen Gebäuden Berlins und vor dem Landesparlament die tibetische Flagge zu hissen.
Zumindest Letzteres ist in anderen Bundesländern nichts Ungewöhnliches. Mehrere hundert Kommunen erinnern damit an jedem 10. März an den tibetischen Aufstand im Jahr 1959. Erst Ende März prangte laut dem Verein Tibet-Initiative Deutschland vor 922 Rathäusern in ganz Deutschland demonstrativ die Fahne mit der gelben Sonne.
"Verlogen" findet der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, die Oppositionsforderung nach einem Reiseverbot für Hauptstadtpolitiker. Vielmehr müssten Berlins Offizielle mit ihren Konterparts in der chinesischen Partnerstadt einen "kritischen Dialog" führen. Nur so lasse sich die Beachtung der Menschenrechte wirksam einfordern. "Einen harten Boykott aller Instanzen - das macht kein Bundesland", urteilt Gaebler.
Senatssprecher Richard Meng bestätigte, dass der Regierende Bürgermeister an der Spitze einer Berliner Delegation die Olympischen Spiele besuchen will. Eine Einladung zu der symbolbeladenen - und von vielen westlichen Politikern gemiedenen - Eröffnungsfeier habe Klaus Wowereit ausgeschlagen. Hingegen werde der Regierungschef Leichtathletikveranstaltungen besuchen. Am Ende der Spiele nehme Wowereit symbolisch einen Staffelstab entgegen, schließlich finden im Sommer 2009 in Berlin die Leichtathletikweltmeisterschaften statt.
Parlamentspräsident Walter Momper muss hingegen daheim bleiben. Nach einer knappen Entscheidung für eine Pekingreise von sechs Parlamentariern hatten am vergangenen Donnerstag alle Fraktionen bis auf die SPD erklärt, sie flögen nicht mit. Laut Momper ist über die Reise "seit Monaten beraten" worden.
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