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SPD steht zu de Maiziere

■ Koalitionsbruch war gestern kein Thema mehr / SPD sieht ihre Forderungen nach einheitlichem Wahlgebiet erfüllt / Vierprozenthürde gilt als akzeptabel / Länderbezogene Sperrklausel abgelehnt

Berlin/Bonn (taz) - Nach tagelangem Tauziehen haben sich die Sozialdemokraten in der DDR am Freitag für eine Fortsetzung der Regierungskoalition unter Ministerpräsident Lothar de Maiziere entschieden. Auf einer Fraktionssitzung in Ost-Berlin werteten sie die Vereinbarungen der Parlamentsauschüsse für Deutsche Einheit über ein gemeinsames Wahlrecht in einem einheitlichen Wahlgebiet als „Erfolg“, auch wenn die Höhe der Sperrklausel noch immer umstritten sei.

Die Sozialdemokraten lehnten eine länderbezogene Fünfprozenthürde ab. Sie wollen aber kleinen Parteien mit Listenverbindungen den Einzug ins Parlament ermöglichen.

Der SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse erklärte, in der Frage der Sperrklausel müsse „eine einvernehmliche Lösung“ gefunden werden. Hierbei müßten sowohl „Kriterien der Gleichheit“ erfüllt sein, als auch neue Parteien und Bewegungen eine Chance haben. Er ließ erkennen, daß auch eine niedrigere Sperrklausel von vier Prozent die Zustimmung seiner Partei finden könnte.

Der SPD-Chef wertete das Bonner Ergebnis vom Vortag zugleich als faktische Zustimmung zum Beitritt der DDR vor der Wahl. De Maiziere hatte für einen Beitritt nach der Wahl plädiert, um so die Legitimität der DDR-Regierung bis zur Bildung der gesamtdeutschen Regierung zu wahren.

Für die Zukunft forderten die Sozialdemokraten, insbesondere bei den Verhandlungen zum Einigungsvertrag, „ihre Positionen als wirklich gleichberechtigter Partner einbringen“ zu können. In die Verhandlungen zum deutsch -deutschen Wahlvertrag wollen sie den Parlamentarischen Staatssekretär im DDR-Justizministerium, Rolf Schwanitz, entsenden. Für die künftige Regierungsarbeit in Ost-Berlin müsse überdies der „selbstverständliche Grundsatz“ gelten, in wichtigen Fragen nicht mit wechselnden Mehrheiten zu stimmen. Ein Zusammenspiel zwischen CDU und PDS dürfe sich nicht wiederholen. Als Schwerpunkte der SPD beim Einigungsvertrag nannte Thierse unter anderem die Sicherung der Eigentumsrechte und die finanzielle Situation der Kommunen.

Bereits am Vortag hatten sich die Spitzen der sozialdemokratischen Parteien aus BRD und DDR in Bonn auf die gemeinsame Marschrichtung - einheitliches Wahlgebiet bei Fünfprozentklausel und die Zulassung von Listenverbindungen

-geeinigt. Damit wurde vor allem auch dem Wunsch des niedersächsichen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder entsprochen. Sein rot-grünes Kabinett hatte ursprünglich, ähnlich wie die Unionspolitiker Schäuble und Lintner (siehe taz von gestern), auf Fünfprozentklauseln für jedes einzelne Bundesland plädiert.

Vor allem die Zulassung von Listenverbindungen, innerhalb derer etwa Bündnis90 und Grüne ihre Stimmen addieren können, ohne ein inhaltliches Bündnis eingehen zu müssen, könnte auf Zustimmung der betroffenen kleinen Parteien und der DDR -Bürgerbewegungen stoßen.

Der Bundesrat wird sich am 24.August in einer Sondersitzung mit dem Wahlrecht befassen. Die westdeutsche Länderkammer verfügt aber nur über ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht. Sollten die mehrheitlich sozialdemokratischen Ländervertreter sich auf eine andere Lösung einigen als der von CDU/CSU und FDP dominierte Bundestag, kann zwar der Vermittlungsausschuß angerufen werden. In zweiter Lesung kann der Bundestag allerdings autonom eine Wahlrechtsänderung verabschieden.

eis/ak

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