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SPD schießt sich auf Lafontaine ein

■ Parteipräsidium distanziert sich / Parteidisziplin angemahnt

Bonn (dpa) – Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine gerät wegen seiner Forderung nach einem langsameren Lohn- und Rentenanstieg in Ostdeutschland in seiner Partei zunehmend in die Isolation. Das SPD- Präsidium bekräftigte am Montag die Erklärung des Parteivorstandes von der Vorwoche, mit der der saarländische Ministerpräsident und Wirtschaftsexperte im Wahlkampfteam des SPD-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping zur Ordnung gerufen worden war. Der Parteivorstand hatte im Gegensatz zu Lafontaine ausdrücklich eine schnelle Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West gefordert sowie die Bedeutung der Tarifautonomie unterstrichen.

Die Präsidiumsmitglieder hätten in einer kurzen Aussprache einhellig die Meinung vertreten, daß dieser Klarstellung nichts hinzuzufügen sei, sagte SPD-Sprecherin Dagmar Wiebusch. Lafontaine nahm wegen einer Auslandsreise an der Sitzung nicht teil, die wegen anderer Verpflichtungen Scharpings vom stellvertretenden Parteivorsitzenden Johannes Rau geleitet wurde.

Nach vielen ostdeutschen Sozialdemokraten gingen am Montag auch weitere prominente westdeutsche SPD-Politiker auf Distanz zu Lafontaine. „Ich stehe auf der Seite der ostdeutschen Kollegen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Klose am Rande der Präsidiumssitzung. Die Thesen Lafontaines, der sich an diesem Dienstag der Diskussion in der Fraktion stellen will, seien nicht akzeptabel. Klose und der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler forderten, Lafontaine stärker in die Disziplin der Parteibeschlüsse zu nehmen. Spätestens werde dies der Parteitag im November tun.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, verteidigte dagegen den saarländischen Ministerpräsidenten. Dieser habe recht mit der Einschätzung, daß es regional unterschiedliche Tarifverträge geben könne. Das wichtige Problem der Produktivität in den neuen Bundesländern dürfe nicht übersehen werden, sagte er im Deutschlandfunk.

Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe kündigte ein klärendes Gespräch mit Lafontaine an. Dieser gefährde mit seinen Äußerungen die Wahlchancen der SPD in Ostdeutschland. Der Vorsitzende der Christlich- Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Werner Schreiber, warnte vor den Folgen einer Tarifpolitik nach dessen Vorschlägen, die das Gefälle zwischen Ost und West verstärken statt ausgleichen würde. FDP-Generalsekretär Werner Hoyer gab dem SPD-Politiker dagegen in der Sache recht.

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