SPD-Wahlkampf: Steinmeier hat einen Plan
Frank-Walter Steinmeier verspricht vier Millionen neue Jobs und Vollbeschäftigung im Jahr 2020. Der "Deutschland-Plan" der SPD stößt auf heftige Kritik.
BERLIN taz | Die SPD zieht mit dem Versprechen in den Wahlkampf, vier Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen und bis 2020 Vollbeschäftigung zu erreichen. Am Montag will ihr Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier seinen "Deutschland-Plan" in einer Grundsatzrede in Berlin ausführlich darlegen. Schon zuvor erntet das Vorhaben heftige Kritik von Union und Opposition.
Zwei Millionen Arbeitsplätze sollen laut dem 67-seitigen Papier in der Industrie entstehen, angetrieben durch den sparsameren Einsatz von Energie und Rohstoffen und die Förderung umweltfreundlicher Technologien, unter anderem der Elektromobilität. Mithelfen soll eine "Allianz für den Mittelstand". Das Gremium soll Vertreter von Wirtschaft, Gewerkschaften und Banken im Bundeskanzleramt an einen Tisch bringen. Eine ähnliche Kooperation sah bereits das 1998 ins Leben gerufene "Bündnis für Arbeit" vor (siehe Text unten).
Eine Million Jobs verspricht die SPD in der Gesundheitswirtschaft. Allein in der Alten- und Krankenpflege sollen mehrere hunderttausend Stellen entstehen. Eine halbe Million Arbeitsplätze erhofft sich Steinmeier in der Kreativwirtschaft, eine weitere halbe Million in den sonstigen Dienstleistungen und im Handel. Auf die Frage, wieviel dies alles kosten könnte und wo dafür gespart würde, gab es am Wochenende keine Antwort.
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sieht im Plan den Versuch, die Wähler zu täuschen: "Die Menschen sind es leid, immer zu Wahlkampfzeiten mit Versprechen überschüttet zu werden. Sie erwarten zu Recht konkrete Vorschläge. Dabei ist bei der SPD bisher wenig zu finden."
Für einen "Akt der Verzweiflung" hält FDP-Generalsekretär Dirk Niebel den "Deutschland-Plan". Das "unseriöse Wahlgeschenk" solle "die am Boden liegende SPD wieder aufrichten". Dabei hätten Steinmeier und die SPD gerade in der Finanz- und Wirtschaftspolitik eine verheerende Bilanz zu verantworten.
Die Linkspartei sieht in Steinmeiers Plan Parallelen zu früheren Vorhaben: "Die SPD hat schon einmal Vollbeschäftigung versprochen - 2003 mit den Hartz-Reformen", sagte die stellvertretende Linke-Vorsitzende Katja Kipping der taz. "Wenn ich von der SPD heute wieder dieses Versprechen höre, mache ich mir Sorgen um die Zukunft."
Die Grünen werfen den Sozialdemokraten mangelnden Realitätssinn bei ihrem Job-Versprechen vor. Er rate dazu, sich bei Planungen "auf die kommenden vier Jahre zu beschränken und keine Luftbuchungen zu machen, von denen man überhaupt nicht weiß, inwiefern sie funktionieren können", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles forderte unterdessen die Unternehmen in Deutschland auf, in diesem Jahr insgesamt 600.000 Ausbildungsplätze zu schaffen. "Die Wirtschaft ist hier in der Pflicht vorzusorgen, anstatt über Fachkräftemangel zu klagen", erklärte Nahles.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen