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SPD-Vorstand beschließt RentenkonzeptUnerwartete Zustimmung für Gabriel

Sigmar Gabriel bekommt im SPD-Vorstand unerwartet deutliche Zustimmung für sein Rentenkonzept. Doch der Streit ist damit nicht beendet.

Vorbehalte gegen Rentenkonzept: Die Höhe des künftigen Rentenniveaus lässt Gabriel offen. Bild: dapd

BERLIN dpa | Der SPD-Vorstand hat Parteichef Sigmar Gabriel bei seinem Rentenkonzept klare Rückendeckung gegeben. Mit großer Mehrheit wurden seine Pläne zur Bekämpfung der Altersarmut am Montag nach knapp vierstündiger Beratung angenommen. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Teilnehmerkreisen erfuhr, gab es lediglich zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung.

Allerdings wurde die Entscheidung über das intern besonders umstrittene künftige Rentenniveau auf November verschoben - dieser Konflikt bleibt der Partei erst einmal erhalten. Die Höhe des künftigen Rentenniveaus lässt Gabriels Konzept offen.

Diese Frage sei noch strittig, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles vor den Vorstandsberatungen in Berlin. Man nehme die Vorbehalte aus SPD-Bezirken gegen die beschlossene Senkung von derzeit gut 50 auf 43 Prozent bis 2030 sehr ernst. Deshalb solle über diesen Punkt endgültig erst beim Parteikonvent am 24. November entschieden werden.

Die SPD-Führung werde dem kleinen Parteitag nach ausführlicher Debatte in der Partei und mit Experten einen Vorschlag machen, „welche Schlussfolgerungen die SPD für ihre Regierungspolitik ab 2013 daraus ziehen wird“, hieß es in der Vorlage der Führung für den SPD-Vorstand.

Arbeitgeber sollen an Kosten beteiligt werden

Gabriel hatte sein Konzept nach Kritik von Parteilinken und Gewerkschaften in einigen Punkten geändert. Demnach sollen Beschäftigte auch schon vor dem 65. Lebensjahr ohne Abzüge in Rente gehen können, wenn sie 45 Versicherungsjahre vorweisen können. Die geschätzten Kosten von über fünf Milliarden Euro sollen aus der Rentenkasse finanziert werden.

Neu aufgenommen wurde der Passus, wonach die Arbeitgeber stärker zur Erwerbsminderungsrente herangezogen werden sollen. Unternehmen, die wenige Ältere beschäftigen, sollen höhere Rentenbeiträge bezahlen. Firmen, die viele altengerechte Arbeitsplätze anbieten, sollen finanziell belohnt werden. Auch an den Kosten beim geplanten massiven Ausbau der betrieblichen Altersversorgung sollen Arbeitgeber angemessen beteiligt werden, wird in dem überarbeiteten Konzept betont.

Parteilinke, Jusos und die Arbeitsgemeinschaften der Frauen und Senioren hatten zu der Sitzung eine Reihe von Änderungsanträgen vorgelegt. Darin wurde gefordert, am bestehenden Rentenniveau von gut 50 Prozent festzuhalten - was bedeuten würde, die gesetzlich fixierte Senkung auf 43 Prozent zurückzudrehen. Gabriel und die beiden anderen möglichen Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück lehnen dies bislang strikt ab.

Kandidatenfrage bleibt zunächst offen

Zudem wird von den Kritikern eine erneute Bekräftigung durch die SPD-Spitze verlangt, dass die Rente mit 67 erst eingeführt werden darf, wenn mindestens die Hälfte der 60- bis 64-jährigen Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Diese Position hatte die SPD bereits auf mehreren Parteitagen beschlossen.

Neben den Renten ging in der SPD auch die Debatte über den nächsten Kanzlerkandidaten weiter. „Dazu gibt es nichts Neues“, bekräftigte Nahles am Montag. Es bleibe dabei, dass erst zwischen Ende 2012 und Anfang 2013 die Entscheidung falle. Auch Gabriel hatte am Sonntag in der ARD erneut erklärt, die Kandidatenkür werde trotz aller Spekulationen nicht vorgezogen.

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2 Kommentare

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  • W
    Waage

    Das Rentenniveau in Zukunft weniger oder gar nicht abzusenken ist nur ein erster Schritt. Eigentlich der leichteste von allen die folgen müssen.

     

    Die Umlage muss zwingend auf eine breitere Basis (siehe Schweizer Modell bzw. neuerdings Rentenkonzept der Linkspartei) gestellt werden sonst gehen die Beiträge für die Pflichtversicherten durch die Decke!

     

    Zudem muss die Rieterrente überarbeitet werden. Bei Gutverdienern findet mit Steuervorteil UND Zuschuss eine Überförderung statt welche a) unnötig ist und b) die private Versicherungsindustrie zu Mitnahmen reizt.

    Staatliche Riesterzuschüsse sollten in Zukunft nur noch den "Miniriesterverträgen" von Geringverdienern gewährt werden.

     

    Mit dem eingesparten Geld sollte man besser die gesetzliche Rentenversicherung unterstützen indem man sie damit von versicherungsfremden Leistungen entlastet.

  • A
    aurorua

    Zitat Ottmar Schreiner SPD: "Eine Mindestrente sollte deutlich über der Sozialhilfe liegen!"

    Dies ist jedoch nur dann möglich wenn sich die Bruttorente um 1000,- Euro monatlich bewegt.

    All jene die etwas von 850,- oder 900,- Euro daher labern, sollten einmal nachrechnen.