SPD-Verteidigungsexperte zu Kunduz und Guttenberg: "Aufgeklärt ist gar nichts"
Verteidigungsminister Guttenberg lässt wichtige Fragen zum Bombenangriff im Kundus unbeantwortet, kritisiert SPDler Bartels. Guttenberg habe viel zu spät eine "nicht haltbare Position" geräumt.
taz: Herr Bartels, Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg hat seine Einschätzung des Luftangriffs korrigiert. Klärt er transparent auf?
Hans-Peter Bartels: Nein, aufgeklärt ist mit dem Eingeständnis gar nichts. Der Minister hat einen Fehler zugegeben und erklärt, der Bombenangriff sei falsch gewesen. Zu dieser Einschätzung hätte er aber bereits Anfang November nach der Lektüre des Nato-Berichts kommen müssen. Zu Guttenberg hat also sehr spät eine nicht haltbare Position geräumt – und lässt wichtige Fragen unbeantwortet.
Nämlich welche?
Hans-Peter Bartels sitzt für die SPD im Verteidigungsausschuss des Bundestags. Der 48-Jährige ist Vizesprecher der Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik der SPD-Fraktion und seit 1998 Mitglied des Parlaments.
Der Verteidigungsminister begründet seine Korrektur damit, ihm lägen jetzt neue Papiere vor. Hier ist die Frage: Welche neuen Informationen liegen ihm vor? Standen nicht alle wichtigen Informationen im Nato-Bericht?
Sie glauben, der Minister lügt?
Es mag sein, dass er nicht alle 150 Meldungen und Papiere, die es gab, auf dem Tisch hatte. Aber ich glaube nicht, dass ihm sachliche Informationen vorenthalten wurden.
Zu Guttenberg feuerte Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert. Waren das Bauernopfer?
Mir fehlt die inhaltliche Begründung für den Rauswurf. Zu Guttenberg muss sagen, welche Informationen ihm konkret wann vorenthalten wurden. Sonst sieht es so aus, als seien die beiden Objekte der Selbstinszenierung des Ministers.
Wie beurteilen Sie die Informationspolitik der Regierung?
Bundeskanzlerin Merkel hatte angekündigt, der Bombenangriff werde umfassend und lückenlos aufgeklärt. Dieses Versprechen löst die Regierung bisher nicht ein. Ihre Kommunikationsstrategie ist widersprüchlich, die Öffentlichkeit bekommt zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Einschätzungen präsentiert. Damit schadet die Regierung der Afghanistan-Mission und Deutschlands Ansehen in der Nato.
Laut einer ARD-Umfrage vertrauen drei Viertel der Deutschen der Afghanistan-Informationspolitik nicht mehr.
Offenbar haben viele Bürger den Eindruck, hier würde etwas verschwiegen, vertuscht oder falsch dargestellt. Und das sorgt zu Recht für Misstrauen. Fehler muss man Fehler nennen, und zwar von Anfang an.
Die Regierung will die Debatte, ob Deutschland mehr Soldaten schicken muss, bis zur Afghanistankonferenz im Januar vertagen. Sieht so Transparenz aus?
Es wäre überstürzt, jetzt Aufstockungen des Kontingents anzumelden. Die Nato-Länder müssen sich zunächst auf Ziele und einen Zeitplan verständigen, erst dann kann man schauen, was jedes Land beitragen kann und muss. Die Position der SPD ist: Es gibt keinen Automatismus für oder gegen eine Aufstockung des deutschen Kontingents. Die Regierung wäre gut beraten, einen breiten Konsens zu suchen.
Welcher Beitrag wäre für Deutschland denkbar?
Die Ausbildung der afghanischen Polizei funktioniert seit sechs Jahren nur unzureichend. Der Beitrag der Feldjäger der Bundeswehr, also unserer Militärpolizei, hierzu ist allerdings sehr effektiv. Ich kann mir gut vorstellen, dass Deutschland diesen Anteil verstärkt.
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