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SPD Südbayern: Glotz in Sicht

■ Wegen Parteidisziplinarmaßnahme gegen umstrittenen Landtagsabgeordneten trat Bezirksvorsitzender Böddrich zurück / Bundesgeschäftsführer Glotz soll die Nachfolge antreten

München (dpa) - Nach dem überraschenden Rücktritt des südbayerischen SPD–Bezirksvorsitzenden Jürgen Böddrich haben Mitglieder des geschäftührenden Bezirksvorstands bereits SPD– Bundesgeschäftsführer Peter Glotz zur Kandidatur für dieses Amt auf dem nächsten ordentlichen Parteitag im Oktober 1987 aufgefordert. Sollte Glotz antreten, wird ihm dabei aller Voraussicht nach die bisherige stellvertretende Bezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Sigrid Skarpelis–Sperk als Konkurrentin gegenüberstehen. Glotz, der von 1970 bis 1977 dem südbayerischen Vorstand angehörte und Münchner Bundes tagsabgeordneter ist, sagte dazu, der Bezirksvorsitz wäre für ihn „sicher eine reizvolle Aufgabe“. Er könne darüber aber erst nach der Bundestagswahl am 25. Januar entscheiden. Glotz ist bis zum Bundesparteitag 1988 in sein bisheriges Amt gewählt, hat aber nicht ausgeschlossen, daß er es auch früher niederlegen könnte. Böddrich hatte am Freitag abend bei einer Sondersitzung des Bezirksvorstands nach wochenlangen Auseinandersetzungen um den als „Stimmenwilderer“ bekannt gewordenen Dachauer Landtagsabgeordneten Hans Hartl seinen Rücktritt erklärt. In der Sitzung wurde mit nur einer Gegenstimme beschlossen, daß vorerst alle Mitgliedsrechte Hartls ruhen, der zuletzt in einer Anzeige vor einer „landesweiten Spaltung“ der SPD gewarnt hatte. Böddrich, der Hartl einst schätzte, hatte sich gegen das harte Vorgehen gegen den 41jährigen gewandt, stand mit dieser Position aber immer mehr allein da. Der „Fall Dachau“ ist für Böddrich aber nur die Spitze eines Eisbergs. Hartl hatte einen Großteil der Sozialdemokraten besonders heftig verärgert, als er mit der bisher spektakulärsten Zweitstimmenkampagne auf eigene Kosten in der bayerischen SPD trotz eines schlechten Stimmkreisergebnisses den Sprung in den Landtag am 12.Oktober geschafft hatte.

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