SPD-Parteichef im Gespräch mit der Basis: Kurt Beck im Demutsdialog
Umfragewerte der SPD und des Parteichefs fallen auf neues Rekordtief - und Kurt Beck startet seinen "Deutschland-Dialog: Nah bei den Menschen" in Schleswig-Holstein.
RENDSBURG taz Kurt Beck strahlte, schüttelte Hände, war ganz "nah bei den Menschen" im "Hohen Arsenal" in Rendsburg. Der SPD-Chef will angreifen, er will mit Sachthemen punkten, die "Stimmungsherausforderung" bewältigen. "Deutschland-Dialog: Nah bei den Menschen" heißt eines der Mittel. Geplant sind 45 Veranstaltungen in der ganzen Republik, der Parteichef im Gespräch mit der Basis. Die Ergebnisse sollen in das Wahlprogramm 2009 einfließen.
"Stimmungsherausforderung" ist hübsch gesagt. Selten war eine - schon lange geplante - Kuschelkampagne nötiger. Nur noch 22 Prozent erreicht die SPD in einer aktuellen Umfrage. Auch Becks persönliche Werte sinken weiter nach dem wochenlangen Streit über den Umgang mit der Linkspartei.
Schon der Kampagnenauftakt im schleswig-holsteinischen Plön betonte, wie sehr Beck in Bedrängnis ist. SPD-Landeschef Ralf Stegner erklärte, die Nord-SPD stehe voll hinter dem Vorsitzenden. Doch dann musste Beck auch schon auf die jüngsten Attacken aus den eigenen Reihen eingehen. In der Tat habe die SPD eine Reihe von Persönlichkeiten, die als Kanzlerkandidaten geeignet seien, sagte er. Darunter seien auch seine Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück.
Am Abend stellte sich der Vorsitzende in Rendsburg den Fragen des Publikums. Die Stimmung war freundlich, wenn auch nicht enthusiastisch, für seine Grundsatzrede erhielt Beck einigen Beifall. Doch gleich die erste Zuhörerfrage betraf die aktuelle Lage der SPD, die Öffnung zur Linkspartei im Westen und Becks Rolle in der Diskussion: "Warum tun wir uns das an?", fragte ein junger Mann. "Wir geben die Mitte auf, und ich höre im Bekanntenkreis, dass wir damit weniger wählbar werden."
Die Diskussion sei notwendig, so Beck, "weil sie im Raum schwebte und vor jeder Wahl wiederaufgetaucht wäre". Ihn habe "sehr belastet", dass er in den entscheidenden Wochen mit Grippe im Bett lag. Klar sei: "Die sogenannte Linke ist eine gegnerische Partei." Mit ihrer Ablehnung des Lissabon-Abkommens, mit der Haltung zur Nato und mit vollkommen unrealistischen sozialen Versprechen begebe sich die Linke außerhalb der Grundlagen der Bundesrepublik. Aber auf Landesebene oder in den Kommunen könne das anders sein, "das muss man ausloten".
Eine Kieler Ratsfrau kritisierte: "Ich habe gelernt, dass hinter verschlossenen Türen gestritten wird - warum klappt das bei uns nicht?" Beck gab zu, Fehler gemacht zu haben: "Ich will mich nicht freisprechen." Auch künftig könne es passieren, dass das eine oder andere nicht optimal laufe: "Ich bin kein Übermensch." Das, ahnte er, werde ihm gleich neue Negativschlagzeilen bescheren. Das Gespräch mit der Basis endete abrupt: Draußen wartete der NDR für ein Interview. Dennoch waren die meisten BesucherInnen zufrieden: Beck habe sich klar von der Linken abgegrenzt, er sei sachlich und überzeugend gewesen.
Becks Tour startet in Schleswig-Holstein, weil dort im Mai eine Kommunalwahl ansteht, bei der die SPD unbedingt das katastrophale Ergebnis von 2003 wettmachen muss: Damals hatte Gerhard Schröder gerade die Agenda 2010 verkündet. Der hohe Norden zählt außerdem neben Bayern zu den wenigen Ländern, in denen die Linkspartei nach aktuellen Umfragen nicht sofort ins Parlament einziehen könnte. Die Minderheitenpartei SSW bietet WechselwählerInnen eine politisch erfahrene Alternative. Damit stehen die Chancen im Prinzip recht gut, die Linke in die Schranken zu verweisen: Die "linke Volkspartei" im Land sei die SPD, sagt Landeschef Stegner.
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