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SPD-Linker Karl Lauterbach"Schuldenmachen ist nicht links"

Die Sozialdemokratie, so Lauterbach, leidet unter mangelnder Selbstdisziplin. Die SPD lasse sich mit der Abgrenzungsdebatte zu Rot-Rot ein Thema aufzwingen, bei dem sie nur verlieren kann.

"Wir brauchen mehr Steuergerechtigkeit": Karl Lauterbach. Bild: ap

taz: Herr Lauterbach, warum ist das Erscheinungsbild der SPD so mies?

Karl Lauterbach: Weil wir unsere Inhalte schlecht rüberbringen. Dabei hat die SPD ein gutes Steuerkonzept vorgelegt. Wir arbeiten an der Bekämpfung der Zweiklassenmedizin, wir kämpfen für den Mindestlohn. Außerdem sinken Neuverschuldung und Arbeitslosigkeit …

ebenso wie die Umfragewerte der SPD. Warum?

Wir haben uns eine Personaldebatte aufdrängen lassen.

Die Medien sind schuld?

Schuld nicht. Medien lieben Personalkonflikte - und die SPD hat diese Nachfrage zur Genüge bedient. Das war ein Fehler. Aber die Partei hat verstanden, dass wir unsere Inhalte in den Vordergrund rücken müssen.

Die SPD will Spitzenverdiener steuerlich stärker belasten und Geringverdiener von Sozialabgaben entlasten. Doch die SPD will dieses Steuerkonzept erst 2011 angehen, falls dann der Haushalt ausgeglichen ist. Sie verschieben es auf irgendwann?

Nein. Den Staat immer mehr Zinsen für Schulden bezahlen zu lassen ist nicht sozialdemokratisch. Doch für das Steuerkonzept brauchen wir keinen komplett ausgeglichenen Haushalt. Schade ist, dass wir unser Steuerkonzept bislang so technokratisch verkauft haben.

Geht es wirklich nur ums Verkaufen?

Ja, die Probleme der SPD sind tatsächlich zum Großteil Kommunikationsprobleme und mangelnde Selbstdisziplin bei Einzelnen.

Die Politik ist prima, die Leute verstehen sie nur nicht?

Es gibt schlechte Politik, die gut verkauft wird. Bei uns ist es derzeit andersherum. Wir haben 1,7 Millionen Arbeitslose weniger, auch wegen der SPD-Politik. Wir haben einen Finanzminister, der die unsoziale Verschuldung absenkt. Einen Arbeitsminister, der nicht ungeschickt für Mindestlöhne sorgt. Wir haben in den vier wichtigsten Bereichen - Finanzen, Gesundheit, Steuergerechtigkeit, Mindestlohn - Deutungshoheit. Aber dies nutzt uns nichts. Deswegen sage ich: Wir haben ein Vermittlungsproblem.

Klingt nach Gerhard Schröder, der auch Hartz IV für ein Vermittlungsproblem hielt …

Nein, unser Problem ist, dass wir uns die falschen Diskurse aufdrängen lassen. Etwa die ewige Frage: Wie halten wir es mit der Linkspartei? Das lenkt von unseren Stärken ab. Und auch davon, dass die Linkspartei zu diesen vier zentralen Fragen nichts Interessantes beizutragen hat. Mehr Schuldenmachen ist keine linke Politik. Ein unrealistisch hoher Mindestlohn von 8,44 Euro ist nicht durchsetzbar.

Die SPD hat sich 2009 auf ein Nein zur Linkspartei festgelegt. Wäre es nach Hessen nicht klüger, sich alle Möglichkeiten offen zu halten?

Nein. Die Linie, dass Rot-Rot in den Ländern möglich ist, aber 2009 im Bund nicht, halte ich für richtig. Das haben wir versprochen, so soll es auch bleiben. Aber deshalb müssen wir dies doch nicht dauernd wiederholen …

was Müntefering forderte.

Und zwar an dem Tag, als wir unser Steuerkonzept vorgestellt haben. Das war nicht optimal. Wie oft sollen wir denn den Schwur, 2009 nicht mit der Linkspartei zu koalieren, noch ablegen? Das ist doch ermüdend.

Was missfällt Ihnen an der Linkspartei?

Es ist grotesk, dass sie fast nur die SPD angreift. Wir gelten als Verräter, obwohl wir der Linken ideologisch noch am nächsten stehen.

Seit 2000 schrumpft die Mittelschicht. Die SPD regiert seit zehn Jahren - und tut nichts. Auch deshalb ist die Linkspartei erfolgreich - oder?

Rot-Grün war nicht der Grund, warum die Mittelschicht unter Druck steht. Die Mittelschichten schrumpfen weltweit. Früher gab es in den westlichen Staaten ja quasi Monopole auf hochwertige Industrieprodukte oder Dienstleistungen. Derzeit drängen weltweit hunderte Millionen jedes Jahr global auf diesen Markt. Der globale Konkurrenzdruck steigt, darunter leidet die Mittelschicht im Westen.

Und welche Antwort hat die SPD jetzt darauf?

Wenn die Reichen reicher, die Armen ärmer werden, brauchen wir mehr Steuergerechtigkeit. Genau das haben wir vor. Wenn die Löhne unter dem Globalisierungsdruck sinken, brauchen wir einen Mindestlohn. Unabhängig von allen globalen Zwängen können wir unser Zwei-Klassen-Bildungs- und Zwei-Klassen-Gesundheitssystem verändern. Nur so können wir die Bedrohung der Mittelschicht in der globalen Konkurrenz abpuffern. INTERVIEW: STEFAN REINECKE

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15 Kommentare

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  • UR
    Udo Radert

    Des Teufels Großmutter starb (wenn man dem betreffenden Märchen Glauben schenken will), ja bekanntlich daran, dass Sie, als es darauf ankam, keine Ausrede mehr gefunden hat.

     

    Also dies wenigstens, wird Herrn Lauterbach ganz sicher schon mal nicht passieren ... ;-)

  • W
    Wonderer

    Wenn ich das so lese, frage ich mich, warum der DDR-Fuehrung immer vorgeworfen wurde, dass sie volksfremd und -frei seien? Wie kann man sich nur so der Wirklichkeit verweigern? Da kann doch eingentlich nur Todessehnsucht oder Geld dahinter stecken.

  • K
    K.D.Neumann

    Herr Lauterbach kann ja schlecht was anderes sagen. Habe eben über Hr. Beck gelesen das er ein Konvent mit FDP und Grünen für denkbar hält. Wenn die wirklichen "linken" in der SPD konsequent wären, würden sie Steinmeier und den anderen Neoliberalen die Partei überlassen und vielleicht zu den "Linken" wechseln. So wie es jetzt ist wird es immer erbärmlicher, da kann es die SPD bis zur nächsten Wahl noch auf 11% schaffen!

  • H
    Heinrich

    Eine Enttäuschung ist, dass es immernoch Menschen gibt, die den Blödsinn der Linkspartei für richtig halten.

    Dass die SPD sich nicht gut verkauft ist richtig, dass die Medien sich kollektiv gegen die SPD positionieren ist doch wohl ebenso deutlich. Vielleicht nicht zu unrecht, haben sich doch tausende von der SPD abgewandt. Was Lauterbach hier vertritt, ist meines Erachtens allerdings ein Schritt nach vorne.

    Endlich weg von der Personaldebatte, weg von der Frage nach der Linken, hin zur Sachdebatte!

  • K
    Katev

    Lauterbach störrische Ausreden sind eine Enttäuschung. Zudem verzerrt er die Wirklichkeit. Zum einen mimt der den handlungsentschlossenen Politiker, zum anderen schiebt er das Schrumpfen auf eine quasi naturwüchsige Globalisierung, für die die regierende Sozialdemokratie nichts kann. Und da wundert er sich noch über die Linkspartei, dass sie die Sozialdemokratie ins Visier nimmt.

    Dabei muss man sich vor Augen halten, dass Lauterbach (wie Wowereit und vielleicht sogar Nahles) noch zu den Spitzen-SPDlern gehört, mit denen eine rot-grün-rote Koalition (irgendwann) zu machen wäre. Als Linker innerhalb der SPD bleibt Lauterbach auf der Hut, also auf Linie (er ist ja nicht dumm), um sich nicht im mächtigen Gezänk innerhalb der Partei angreifbar zu machen. Dazu gehört auch die völlig fade Behauptung, die Partei würde sich nur nicht richtig verkaufen. Die Beton-Schröderianer halten die Partei halt noch immer fest am Gängel.

  • UR
    Udo Radert

    Des Teufels Großmutter starb (wenn man dem betreffenden Märchen Glauben schenken will), ja bekanntlich daran, dass Sie, als es darauf ankam, keine Ausrede mehr gefunden hat.

     

    Also dies wenigstens, wird Herrn Lauterbach ganz sicher schon mal nicht passieren ... ;-)

  • W
    Wonderer

    Wenn ich das so lese, frage ich mich, warum der DDR-Fuehrung immer vorgeworfen wurde, dass sie volksfremd und -frei seien? Wie kann man sich nur so der Wirklichkeit verweigern? Da kann doch eingentlich nur Todessehnsucht oder Geld dahinter stecken.

  • K
    K.D.Neumann

    Herr Lauterbach kann ja schlecht was anderes sagen. Habe eben über Hr. Beck gelesen das er ein Konvent mit FDP und Grünen für denkbar hält. Wenn die wirklichen "linken" in der SPD konsequent wären, würden sie Steinmeier und den anderen Neoliberalen die Partei überlassen und vielleicht zu den "Linken" wechseln. So wie es jetzt ist wird es immer erbärmlicher, da kann es die SPD bis zur nächsten Wahl noch auf 11% schaffen!

  • H
    Heinrich

    Eine Enttäuschung ist, dass es immernoch Menschen gibt, die den Blödsinn der Linkspartei für richtig halten.

    Dass die SPD sich nicht gut verkauft ist richtig, dass die Medien sich kollektiv gegen die SPD positionieren ist doch wohl ebenso deutlich. Vielleicht nicht zu unrecht, haben sich doch tausende von der SPD abgewandt. Was Lauterbach hier vertritt, ist meines Erachtens allerdings ein Schritt nach vorne.

    Endlich weg von der Personaldebatte, weg von der Frage nach der Linken, hin zur Sachdebatte!

  • K
    Katev

    Lauterbach störrische Ausreden sind eine Enttäuschung. Zudem verzerrt er die Wirklichkeit. Zum einen mimt der den handlungsentschlossenen Politiker, zum anderen schiebt er das Schrumpfen auf eine quasi naturwüchsige Globalisierung, für die die regierende Sozialdemokratie nichts kann. Und da wundert er sich noch über die Linkspartei, dass sie die Sozialdemokratie ins Visier nimmt.

    Dabei muss man sich vor Augen halten, dass Lauterbach (wie Wowereit und vielleicht sogar Nahles) noch zu den Spitzen-SPDlern gehört, mit denen eine rot-grün-rote Koalition (irgendwann) zu machen wäre. Als Linker innerhalb der SPD bleibt Lauterbach auf der Hut, also auf Linie (er ist ja nicht dumm), um sich nicht im mächtigen Gezänk innerhalb der Partei angreifbar zu machen. Dazu gehört auch die völlig fade Behauptung, die Partei würde sich nur nicht richtig verkaufen. Die Beton-Schröderianer halten die Partei halt noch immer fest am Gängel.

  • UR
    Udo Radert

    Des Teufels Großmutter starb (wenn man dem betreffenden Märchen Glauben schenken will), ja bekanntlich daran, dass Sie, als es darauf ankam, keine Ausrede mehr gefunden hat.

     

    Also dies wenigstens, wird Herrn Lauterbach ganz sicher schon mal nicht passieren ... ;-)

  • W
    Wonderer

    Wenn ich das so lese, frage ich mich, warum der DDR-Fuehrung immer vorgeworfen wurde, dass sie volksfremd und -frei seien? Wie kann man sich nur so der Wirklichkeit verweigern? Da kann doch eingentlich nur Todessehnsucht oder Geld dahinter stecken.

  • K
    K.D.Neumann

    Herr Lauterbach kann ja schlecht was anderes sagen. Habe eben über Hr. Beck gelesen das er ein Konvent mit FDP und Grünen für denkbar hält. Wenn die wirklichen "linken" in der SPD konsequent wären, würden sie Steinmeier und den anderen Neoliberalen die Partei überlassen und vielleicht zu den "Linken" wechseln. So wie es jetzt ist wird es immer erbärmlicher, da kann es die SPD bis zur nächsten Wahl noch auf 11% schaffen!

  • H
    Heinrich

    Eine Enttäuschung ist, dass es immernoch Menschen gibt, die den Blödsinn der Linkspartei für richtig halten.

    Dass die SPD sich nicht gut verkauft ist richtig, dass die Medien sich kollektiv gegen die SPD positionieren ist doch wohl ebenso deutlich. Vielleicht nicht zu unrecht, haben sich doch tausende von der SPD abgewandt. Was Lauterbach hier vertritt, ist meines Erachtens allerdings ein Schritt nach vorne.

    Endlich weg von der Personaldebatte, weg von der Frage nach der Linken, hin zur Sachdebatte!

  • K
    Katev

    Lauterbach störrische Ausreden sind eine Enttäuschung. Zudem verzerrt er die Wirklichkeit. Zum einen mimt der den handlungsentschlossenen Politiker, zum anderen schiebt er das Schrumpfen auf eine quasi naturwüchsige Globalisierung, für die die regierende Sozialdemokratie nichts kann. Und da wundert er sich noch über die Linkspartei, dass sie die Sozialdemokratie ins Visier nimmt.

    Dabei muss man sich vor Augen halten, dass Lauterbach (wie Wowereit und vielleicht sogar Nahles) noch zu den Spitzen-SPDlern gehört, mit denen eine rot-grün-rote Koalition (irgendwann) zu machen wäre. Als Linker innerhalb der SPD bleibt Lauterbach auf der Hut, also auf Linie (er ist ja nicht dumm), um sich nicht im mächtigen Gezänk innerhalb der Partei angreifbar zu machen. Dazu gehört auch die völlig fade Behauptung, die Partei würde sich nur nicht richtig verkaufen. Die Beton-Schröderianer halten die Partei halt noch immer fest am Gängel.