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SPD-Linke: Parteitag 1996

■ Die Parteispitze will turnusgemäß erst im Februar tagen. Linke verlangt Tagung vor der Haushaltsrunde. Benneter: Wasserwerke nicht unter 20 Milliarden verkaufen

In der SPD gibt es Differenzen über den Zeitpunkt, zu dem ein Sonderparteitag zum Landeshaushalt 1997 durchgeführt werden soll. Während Fraktionschef Klaus Böger sich für Januar ausgesprochen hat, drängt vor allem die Parteilinke auf einen Termin noch in diesem Jahr. Der geschäftsführende Landesvorstand wird sich am Freitag mit der Frage befassen, eine Entscheidung fällt am Montag im Landesausschuß.

Ginge es nach dem SPD-Landesvorsitzenden Detlef Dzembritzki, würde es im Februar einen turnusgemäßen Parteitag geben, auf dem die SPD über Reformen für die Zukunft der Stadt beraten solle. „Doch wenn sich in der Partei die Stimmung breitmacht, daß ein Sonderparteitag einberufen werden soll, wird sich die Fraktion dem nicht widersetzen“, erklärte Fraktionssprecher Peter Stadtmüller. Ein Termin im Januar sei sinnvoll, weil sich bis dahin klarer abzeichne, welche Vermögenswerte verkauft werden sollen.

„Im Januar ist das Parlament bereits mitten in den Haushaltsberatungen“, wandte SPD-Vorstandsmitglied Andreas Wehr ein. Dann gebe es kaum noch Möglichkeiten einzugreifen. „Der Parteitag muß etwas zu entscheiden haben“, begründete auch SPD-Vizechef Klaus-Uwe Benneter den Wunsch nach einem Termin „noch vor der 1. Lesung des Haushaltsentwurfs“ – also vor Februar.

In einem sind sich alle einig: Eine gute Vorbereitung muß sein. Der Parteilinken geht es nicht so sehr darum, Dampf abzulassen. Vielmehr wollen sie Konzepte präsentieren, zu welchen Bedingungen beispielsweise die Bewag verkauft werden kann. „Wir brauchen zwei bis drei Wochen, um verschiedene Modelle zu prüfen“, erklärte Wehr. Als Alternative zum Verkauf sämtlicher Bewag-Anteile des Landes nannte er die Volksaktie. Im Gegensatz zu einem Verkauf an ein Energieunternehmen sichere dies der Bewag die Selbständigkeit. Auch die SPD-Fraktion hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Modalitäten von Verkäufen und weitere Kürzungsmöglichkeiten im Haushalt prüft. Im Dezember 1995 hatte ein SPD-Parteitag beschlossen, daß bei einem Verkauf der Bewag das Land eine Sperrminorität von 25,1 Prozent behalten solle.

SPD-Vize Benneter wies gestern auf rechtliche Hürden bei einem Verkauf der Berliner Wasserbetriebe hin. Die Wasserwerke, deren Verkauf in Erwägung gezogen wird, seien erst vor zwei Jahren in eine Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt worden. In dem Vertrag hätte die Belegschaft ein Vetorecht gegen eine Privatisierung erhalten. Nicht nur müßte vor einer Privatisierung die Rechtsform erneut geändert werden, die Wasserwerke brächten jährlich 360 Millionen Mark in die Landeskasse. Das Betriebsvermögen betrage 6 Milliarden. „So einen Betrieb dürfte man nicht unter 20 Milliarden Mark verkaufen“, sagte Benneter. Auch bei der Veräußerung von Wohnungsbaugesellschaften hätten die Genossen Bauchschmerzen. Ein weiterer strittiger Punkt wird die Bezirksreform sein. Dorothee Winden

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