: SPD-Kandidatenkarussell steht still
■ Bürgermeister-Job: Vier Namen, Scherf mit den besten Karten
Wenn die Findungskommission der SPD nicht in den nächsten drei Tagen noch einen Überraschungskandidaten aus dem Hut zaubert, läuft bei der Nachfolge von Klaus Wedemeier als Bürgermeister Bremens alles auf Hennig Scherf hinaus. Denn bei der Kandidatenkür werden zwar bisher vier Namen genannt, doch echte Chancen hat wohl nur der amtierende Senator für Bildung und Justiz, der sich die Optionen rot-grün und rot-schwarz offenhält. Seine bisherigen Konkurrenten – Finanzsenator Manfred Fluß, Ex-Finanzsenator Claus Grobecker und Ex-Senatsdirektor Hans-Helmut Euler – tun sich mit ihren Bewerbungen schwer: Bislang hat noch keiner der drei seine Kandidatur offiziell angekündigt.
Entscheiden über den künftigen Bürgermeisters und die angestrebte Koaliton soll die Partei-Basis, beschloß der SPD-Landesvorstand am Samstag. Am 11.Juni sollen die etwa 9.600 Bremer GenossInnen in einer „Befragung“ ihre Meinung darlegen. Einen Tag später soll ein Landesparteitag das Ergebnis absegnen und Koalitionsgespräche beginnen lassen. Einsendeschluß für KandidatInnenvorschläge ist Mittwoch, 19 Uhr. „Bisher ist Scherf der einzige ofizielle Kandidat“, sagte SPD-Sprecher Olaf Joachim. „Die Findungskommission spricht derzeit noch einige Kandidaten an.“ Aus den Namen macht die Partei ein Geheimnis. Sicher sei nur: Frauen sind nicht dabei, und „Auswärtige“ wie Momper, Hildebrandt oder Glotz „haben schlechte Karten“. Ob Grobecker als Rostocker zu diesen Auswärtigen gehöre? „Derzeit ja.“
Ob der 60jährige Grobecker seinen gutbezahlten Job im Vorstand der „Deutschen Seerederei Rostock“ aufgibt, um sich auf eine unsichere Kandidatur in Bremen einzulassen, ist zweifelhaft. Der ehemalige Arbeits- und Finanzsenator ist Befürworter einer großen Koalition und gilt als Gegner Wedemeiers. Auf ihn als möglichen Fraktionsvorsitzenden wäre ein Bürgermeister Grobecker aber angewiesen. Gegen eine Kandidatur spricht auch, daß selbst in „seinem“ Unterbezirk West kein starker Ruf nach „Grobi“ zu hören war.
Gerufen werden will auch Finanzsenator Manfred Fluß. Bereits vor der Wahl hatte Fluß erklärt, rot-grün sei „mit zwei oder drei Stimmen Mehrheit“ nicht zu machen. Auch nach dem Wahlergebnis stimme er zwar „mit dem Herzen“ für rot-grün, die Machtverhältnisse erforderten aber eine Koalition mit der CDU. Für die Mitgliederbefragung hat Fluß vom Landesvorstand der Partei verlangt, den GenossInnen eine Empfehlung (Große Koalition) mit an die Urne zu geben. Der Vorschlag wurde abgelehnt, der Verbleib von Fluß im Kandidatenring ist zweifelhaft.
Wahrscheinlich ist dagegen die Kandidatur von Hans-Helmut Euler, den Klaus Wedemeier selbst ins Spiel gebracht hat. Der gelernte Arzt für Innere Medizin war Senatsdirektor in der Gesundheitsbehörde zu Zeiten der Korruptionsaffäre um Aribert Galla, den Verwaltungschef der „Schwarzgeldklinik“. 1985 wurde er Chef der Senatskanzlei unter Wedemeier, trat wegen der Galla-Affäre aber zurück. Euler ist Geschäftsführer des Bremer Instituts Film/Fernsehen, hat sich aber in den vergangenen Jahren politisch nicht profiliert. Er ist Verfechter einer rot-schwarzen Regierung für Bremen. bpo/dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen