SPD-Grundsatzprogramm: Die marxistische Gesellschaftsanalyse bleibt
Die SPD besinnt sich auf ihre Ursprünge. Der neue Programmentwurf ist klarer, linker und traditionsbewusster.
BERLIN taz Das neue Grundsatzprogramm der SPD soll auf dem Parteitag Ende Oktober in Hamburg beschlossen werden. Dieses "Hamburger Programm" wird das bis heute gültige "Berliner Programm" aus dem Jahr 1989 ablösen. Es wird das erste sozialdemokratische Grundsatzprogramm sein, das den Epochenbruch von 1989, die Vereinigung Deutschlands und Europas, die Globalisierung, neue Formen internationaler Gewalt sowie ein neues Verständnis von sozialer Gerechtigkeit berücksichtigt.
Als Referenz dafür, was die SPD heute unter einer modernen Sozialdemokratie versteht, sollte man jedoch nicht das Programm von 1989 heranziehen, sondern den Bremer Entwurf vom Januar dieses Jahres. Dieser Entwurf bedeutete einen Sieg der "Reform-SPD" à la Schröder und Platzeck. Das rund 70-seitige Papier stieß in der Partei jedoch auf starke Ablehnung. 945 Änderungsanträge gingen von der Basis in den zurückliegenden Monaten ein. Der neue Entwurf ist kürzer, prägnanter, linker und traditionsbewusster. Die SPD besinnt sich wieder mehr auf ihre Ursprünge.
Der in der Partei umstrittene Begriff des "demokratischen Sozialismus" - im Bremer Entwurf durch "soziale Demokratie" ersetzt - wird in der Einleitung als "stolze Tradition" herausgestellt. Die SPD versteht sich als "linke Volkspartei" und bekennt sich dazu, dass sie als "Teil der Arbeiterbewegung" entstanden ist. Selbst die "marxistische Gesellschaftsanalyse" wird, neben dem Humanismus, der Aufklärung, der christlichen Ethik und den Erfahrungen der Arbeiterbewegung, als eine Wurzel aufgeführt.
Die SPD setzt sich mit den Widersprüchen der Globalisierung auseinander, sie betont die "neuen Möglichkeiten", aber auch die "Gefahren" und "Ungerechtigkeiten". Die Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland wird als "ungerecht" beschrieben, ohne eine andere Verteilung zu fordern. Sozialdemokratische Steuerpolitik solle die "Ungleichheit begrenzen" und "gleiche Chancen" befördern. Der "vorsorgende Sozialstaat" ist im Text geblieben, aber er steht nicht mehr als "Leitbild" einer "neuen SPD". Arbeit wird als "Schlüssel für Teilhabe am gesellschaftlichen Leben" beschrieben. JENS KÖNIG
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